Was ist eine Praxisübernahme?

Die Praxisübernahme ist eine Form der Praxisgründung und beschreibt die Übernahme einer bestehenden Arztpraxis inklusive aller Rechte und Pflichten, die durch einen Verkauf zustande kommen. In § 613a BGB wird die Praxisübernahme als Betriebsübergang durch ein Rechtsgeschäft definiert. Die Praxisabgabe wird mit Unterzeichnung des Kaufvertrags rechtlich besiegelt und sie geht an den Nachfolger über.

Die Übernahme einer Arztpraxis ebnet Ärzten den Weg in die Selbstständigkeit und ist mit 94 % die häufigste Form der Gründung einer ärztlichen Niederlassung. Dies geht aus der Existenzgründungsanalyse 2019/2020 der Deutsche Apotheker- und Ärztebank (apoBank) und dem Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung (Zi) hervor. Eine Alternative zur Praxisübernahme ist die Praxisneugründung.

Vorteile und Nachteile einer Praxisübernahme

VorteileNachteile
Man erhöht die Chance, eine Vertragsarztzulassung in einem gesperrten Planungsbereich zu bekommen. Alternativ könnte man nämlich erst dann eine Zulassung beantragen, wenn ein Arzt derselben Fachrichtung seine zurückgibt. Das setzt viel Wartezeit und viel Glück bei der Bewerberauswahl voraus.Man muss Einbußen bei der Selbstverwirklichung in Kauf nehmen, da Ausstattung, Medizingeräte usw. mit übernommen werden müssen.
Die Praxiseinrichtung ist bereits vorhanden und Sie können sich “ins gemachte Nest setzen”.Immaterielle Praxiswerte (Patientenstamm) verteuern den Kaufpreis.
Man kauft das Praxispersonal, welches mit der Praxisorganisation bestens vertraut ist (Workflow), mit ein. Außerdem muss man sich in den Zeiten des MFA-Mangels nicht um die Personalbeschaffung bemühen.Wenn Sie Veränderungen in der Praxisorganisation vornehmen, kann dies zu Konflikten mit den Mitarbeitern führen.
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und sieht Veränderungen eher kritisch.
Man kauft den Patientenstamm mit ein und reduziert so die Praxismarketing-Kosten für die Patientenakquise.
Man kann zukünftig erwartbare Gewinne besser prognostizieren, da einem Einblick in betriebswirtschaftliche Unterlagen (Betriebswirtschaftliche Auswertung, Einnahmenüberschussrechnung) gewährt wird.
Wissenstransfer vom alten Praxisinhaber, wenn eine gestaffelte Praxisübernahme vereinbart wird.
Vorteile und Nachteile einer Praxisübernahme

Wer darf eine Praxis übernehmen?

Nur Personen, die eine Erteilung der Approbation bzw. Approbationsurkunde erhalten haben, dürfen eine Praxisübernahme vollziehen. Denn erst nach Erhalt der Approbationsurkunde dürfen die Absolventen Ihrer ärztlichen/therapeutischen Tätigkeit selbstständig und eigenverantwortlich nachgehen.

Medizinstudenten oder Absolventen ohne Approbation dürfen keine Praxis gründen oder übernehmen.

Möchte man eine Vertragsarztpraxis übernehmen, in der GKV-Patienten (Gesetzliche Krankenversicherung) abgerechnet werden, muss man im Arztregister eingetragen sein. Zusätzlich benötigt man eine Kassenzulassung. Der Antrag auf Kassenzulassung kann beim örtlichen Zulassungsausschuss der Kassen(zahn-)ärztlichen Vereinigungen und den Landesverbänden der Krankenkassen sowie der Ersatzkasse gestellt werden. Approbierte Ärzte ohne Kassenzulassung dürfen lediglich Privatpatienten nach GOÄ abrechnen (oder einem entsprechend anderem privatärztlichen Leistungskatalog). Nur ein approbierter Arzt mit Kassenzulassung darf einen Kassensitz übernehmen.

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Ist die sofortige oder die gestaffelte Praxisübernahme besser?

Die Praxisübernahme kann auf zwei Wegen erfolgen: entweder sofort oder gestaffelt. Bei der sofortigen Praxisübernahme wird die Praxis an einem bestimmten Stichtag der Praxisnachfolge übergeben. Diese Variante eignet sich für Ärzte, die möglichst früh eigenständige Entscheidungen durchsetzen und keine Kompromisse mit dem alten Praxisinhaber eingehen wollen. Da es in diesem Fall keine Meinungsverschiedenheiten geben kann, ist diese Variante auch für konfliktscheue Personen interessant.

Bei der gestaffelten Praxisübernahme wird die Praxis schrittweise an die Praxisnachfolge übergeben. Das hat den Vorteil, dass der Praxisübernehmer den Praxisbetrieb, die Organisationsstrukturen, das Praxisteam, die Medizingeräte und die Patienten in aller Ruhe kennenlernen kann. Da eine Arzt-Patient-Beziehung sehr intim sein kann, werden wahrscheinlich weniger Patienten verschreckt, als wenn die Praxis sofort übernommen wird. Das Risiko, dass Patienten infolge der Übernahme den Arzt wechseln, wird minimiert. Dies sollte jeder Arzt, vor allem aber Frauenärzte, Proktologen und Urologen, bedenken. 

Geeignet für eine gestaffelte Praxisübernahme ist unter anderem das Jobsharing-Modell. Hier teilen sich zwei Ärzte derselben Fachrichtung einen Arztsitz. Angewandt wird dieses Modell in gesperrten Planungsbereichen. Das ist für den Praxisnachfolger von Vorteil, da er ansonsten nur dann einen Arztsitz in einem gesperrten Planungsbereich bekommen könnte, wenn ein anderer Arzt seine Kassenzulassung vollständig zurückgibt. Jobsharing kann sowohl in einem Angestelltenverhältnis, als auch in einer BAG (Berufsausübungsgemeinschaft, Gemeinschaftspraxis) durchgeführt werden.

Was muss ich bei einer Praxisübernahme beachten?

Im Vorfeld der Praxisübernahme sollte man einige Dinge beachten, damit der Eigentümerwechsel nicht in einem finanziellen und möglicherweise sogar existenzbedrohendem Fiasko endet. Diesbezüglich haben wir Ihnen hier die wichtigsten Informationen zusammengestellt.

Suche nach einem geeigneten Übernahmeobjekt: Standortanalyse und betriebswirtschaftliche Analyse

Am Anfang der Existenzgründung steht die Suche nach geeigneten Praxen. Auf einer Praxisbörse (digitaler Marktplatz für abzugebende Arztpraxen) werden Sie schnell fündig. Alternativ können Sie auch nach Zeitungsanzeigen oder sonstigen Inseraten in Fachzeitschriften Ausschau halten. Wenn Sie eine Praxis in einem Planungsbereich mit Zulassungsbeschränkungen übernehmen wollen, dann geht dies nur über ein öffentliches Nachbesetzungsverfahren. Lassen Sie sich in diesem Fall schnellstmöglich auf die Warteliste setzen, denn das Eintragsdatum wird bei der Bewerberauswahl berücksichtigt. Allein der Zulassungsausschuss entscheidet über die Nachbesetzung, nicht der Praxisinhaber.

Standortanalyse

Der Umsatz einer Arztpraxis hängt maßgeblich vom Standort ab. Dem Zi (Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland) nach gibt es Unterschiede im Brutto-Jahresüberschuss vor Steuern, Abgaben usw. von Hausarztpraxen zwischen Stadt und Land. Während es auf dem Land im Durchschnitt 177.900 € sind, sind es in der Stadt lediglich 152.600 € und damit 16,6 % geringer. Der Hauptgrund hierfür liegt in der Größe der Praxis: Landärzte behandeln mehr Patienten, arbeiten aber auch 2 Stunden pro Woche mehr als Ärzte in der Stadt.

Im Optimalfall ist der Praxisstandort einfach und barrierefrei zu erreichen. Befindet sich die Praxis nicht im Erdgeschoss, sollte ein Fahrstuhl für Rollstuhlfahrer/Personen mit Behinderung und Senioren vorhanden sein. Es sollten ausreichend Parkplätze, aber auch eine gute Verkehrsanbindung (auch für öffentliche Verkehrsmittel) existieren. In einem Gebiet, wo es schon Ärzte gibt, finden Sie nicht nur eine passende Urlaubsvertretung, sondern auch Zuweiser.

Zwar können Sie vor der Übernahme einer Praxis die Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) und die Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) der letzten Jahre einsehen, doch geben diese nur bedingt Auskunft über die zukünftig erwartbaren Gewinne. Eine Standortanalyse ist empfehlenswert. Der Standort sollte bei einer Praxisübernahme aus betriebswirtschaftlicher Sicht gesehen werden. Auf Basis einer Analyse der Bevölkerung lässt sich die zukünftige Patientenstruktur prognostizieren: 

  • Wie ist die Sozialstruktur? 
  • Wie hoch ist das Pro-Kopf-Einkommen? 
  • Wie sieht die Migrations- und Integrationsrate aus? 
  • Wie hoch ist die Bevölkerungsdichte? 
  • Wie setzt sich die Altersstruktur zusammen? 
  • Wie viele Haustiere gibt es in dieser Region (Stichwort Tierarztpraxis)?
  • Verspricht der Standort zukünftige Gewinne? 
  • Sind die Praxisräume zur gewerblichen Nutzung freigegeben? 
  • Wie ist der bauliche Zustand der Praxis? 
  • Erfüllt das Personal meine Anforderungen?

Das Arzt Gehalt mit eigener Praxis bzw. die durchschnittlichen Einnahmen lagen im Jahr 2019 über alle Fachrichtungen hinweg bei ca. 602.000 €. Der Reinertrag liegt hingegen bei ca. 296.000 € bzw. 317.000 €, wenn die fachübergreifenden Berufsausübungsgemeinschaften und medizinischen Versorgungszentren herausgerechnet werden.

Lassen Sie den Praxiswert des Objektes im Rahmen einer Praxiswertermittlung schätzen, sodass Sie eine mögliche Kaufpreisspanne erhalten. Zusätzlich gibt eine Integrity-Due-Diligence-Prüfung Aufschluss über die Stärken, Schwächen und Risiken der Praxis. 

Gleichzeitig sollte man auch die Konkurrenz- und Versorgungssituation des zukünftigen Praxisstandorts im Blick behalten. Wie hoch ist die Ärztedichte? Was für Ärzte (Fachrichtung) haben sich dort bereits niedergelassen? Gibt es ein Krankenhaus?

Denken Sie nicht nur an das Wohlergehen Ihrer zukünftigen Arztpraxis, denken Sie auch an Ihr Privatleben und an Ihre Ehefrau/Ehemann/Lebenspartner. Oder kommt für Sie auch eine Fernbeziehung in Frage? Sagt Ihnen das dortige Kultur- und Freizeitangebot zu? Wollen Sie ohne Führerschein eine Praxis in einem Dorf übernehmen? Ist der Standort kinderfreundlich?

Finanzierung

In der Regel müssen mit einer Bank Verhandlungen über die Finanzierung der Praxis geführt werden, denn aus dem Privatvermögen können dies nur die wenigsten Ärzte stemmen. Um einen Kredit zu erhalten, müssen Sie dem Kreditgeber einen Geschäftsplan (Businessplan) vorlegen, aus dem unter anderen folgendes hervorgehen muss:

  • Gründungskosten
    • Wie hoch sind die Kosten für die Praxisberatung, Notar usw.
  • Kapitalbedarf in der Anlaufphase
    • Wie hoch sind die monatlichen Betriebskosten (Heizung, Strom, Miete, Versicherungen usw.)?
  • Investitionsplanung
    • Braucht die Praxis neue Medizintechnik, neue Computer, ein neues Wartezimmer oder eine neue Empfangstheke?
  • Liquiditätsreserve

Unterschreiben Sie den Kreditvertrag nicht gleich bei der ersten Bank. Holen Sie sich Vergleichsangebote ein und wählen Sie erst dann. Scheuen Sie keine Verhandlung über die Rahmenbedingungen (vor allem die Kaufpreisfindung), um das Angebot noch attraktiver für Sie zu gestalten.

Beachten Sie zudem, dass Sie finanzielle Förderungen in Anspruch nehmen können:

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Eintragung ins Arztregister und Kassenzulassung

Sie wollen als Kassenarzt tätig sein und eine Vertragsarztpraxis (Kassensitz, KV-Sitz) übernehmen? Dann müssen Sie im Arztregister eingetragen sein und eine Kassenzulassung beantragen. Erst nach erfolgreicher Kassenzulassung dürfen Leistungen über die Kassenärztliche Vereinigung (KV) zulasten der GKV abgerechnet werden. Unter anderem müssen folgende Voraussetzungen gemäß § 18 Ärzte-ZV erfüllt sein:

  • erfolgreich abgeschlossenes Medizinstudium
  • erfolgreiche Approbation
  • erfolgreich abgeschlossene Weiterbildung zum Facharzt
  • polizeiliches Führungszeugnis
  • Erklärung über eine bestehende Drogen- oder Alkoholabhängigkeit bzw. ob eine solche in den letzten 5 Jahren bestand
  • Versicherungsbescheinigung

Praxisübernahmevertrag

Mit Unterzeichnung des Praxisübernahmevertrages geht die Praxis an Sie über. Dieser Kaufvertrag regelt Übernahmevereinbarungen wie z. B.:

  • Gegenstand des Vertrages
  • Praxiseinrichtung, Inventar
  • Kaufpreis
  • Zahlungsweise
  • Forderungen und Verbindlichkeiten
  • Fortführung von bestehenden Verträgen
    • Praxismietvertrag
    • Leasingverträge
    • Telefon und Internet
    • Versicherungsverträge
    • Abonnements (Fachzeitschriften, Lesezirkel)
  • Haftung
  • Beteiligungen
  • Patientenkartei
  • Praxispersonal
  • Wettbewerbsklausel/Konkurrenzschutzklausel
  • Rücktrittsrecht

Im Optimalfall sendet der Praxisverkäufer Ihnen einen Vertragsentwurf zu oder Sie setzen den Praxisübernahme- bzw. Praxisübergabevertrag gemeinsam auf. Aber: unterschrieben ist unterschrieben. Lassen Sie den Vertrag vor Ratifizierung von einem Rechtsanwalt und Steuerberater überprüfen. Unter gewissen Umständen, z. B. wenn auch die Immobilie verkauft wird, muss der Praxiskaufvertrag notariell beurkundet werden. Bis zu einem bestimmten Grad ist die Ausgestaltung des Praxiskaufvertrags Verhandlungssache. Scheuen Sie sich nicht zu verhandeln. Was haben Sie zu verlieren?

In einigen Fällen wird auch ein Vorvertrag abgeschlossen. Mit Unterzeichnung eines Vorvertrags können Sie sich frühzeitig das Recht sichern, den Abschluss des Hauptvertrags zu einem späteren Zeitpunkt notfalls einzuklagen. Sie müssen in diesem Fall nicht auf Ihr Glück im Nachbesetzungsverfahren hoffen, wenn sich die Praxis in einem gesperrten Planungsbereich befindet. 

Im Internet finden Sie eine große Auswahl an kostenlosen Praxisübernahmeverträge-Muster. Ein Mustervertrag ist aber meist sehr allgemein gehalten und greift individuelle Vereinbarungen, die zwischen Praxiskäufer und -Verkäufer (mündlich) vereinbart worden sind, nicht auf. Die Wichtigkeit dieses Schriftstückes sollte vor Unterzeichnung in jedem Fall von einem Anwalt kontrolliert werden. Einige Beispiele für Praxisübernahme-Musterverträge finden Sie hier:

Arbeitsrecht und Kündigungsschutz

Über die Arbeitsverträge aller Praxismitarbeiter sollten Sie sich vor der Praxisübergabe genauestens informieren. Gemäß § 613a Abs. 1 BGB müssen Sie bei einer Praxisübernahme auch die bestehenden Arbeitsverhältnisse übernehmen: Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein.

Gemäß § 613 a Abs. 5 BGB muss der alte oder neue Praxisinhaber das Praxispersonal über die Praxisübernahme schriftlich informieren. Dazu gehören auch Arbeitnehmer in einem ruhenden Arbeitsverhältnis (z. B. eine medizinische Fachangestellte in Elternzeit): 

  • (geplanter) Zeitpunkt des Übergangs
  • Grund für den Übergang
  • rechtliche, wirtschaftliche und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer 
  • die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen

Ist ein “alter” Mitarbeiter nicht mit der Praxisübernahme einverstanden, so kann dieser innerhalb von einem Monat ab Unterrichtung über den Praxisverkauf Gebrauch von seinem Widerspruchsrecht gemäß § 613a Abs. 6 BGB machen. In diesem Fall bleibt der Mitarbeiter weiterhin im Betrieb des alten Arbeitgebers angestellt. Dass der Mitarbeiter widerspricht, ist jedoch eher unwahrscheinlich. Er riskiert eine betriebsbedingte Kündigung, wenn er im alten Betrieb verbleibt.
In § 613 Abs. 4 BGB heißt es weiter, dass die Kündigung eines Mitarbeiters unzulässig ist. Die Unzulässigkeit gilt jedoch nur, wenn die Praxisübernahme der tragende Kündigungsgrund ist. Eine Kündigung aus anderen Gründen oder die außerordentliche Kündigung wäre allerdings rechtens. Bedenken Sie, dass Sie als neuer Praxisinhaber die “Veränderungssperre” einhalten müssen. Diese Sperre besagt, dass die Arbeitsbedingungen innerhalb eines Jahres nach der Übernahme nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers verändert werden dürfen. Der gesetzliche Kündigungsschutz gilt nur für kollektive Regelungen (Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag) und nicht für arbeitsvertragliche oder andere individualrechtliche Ansprüche (z. B. betriebliche Übung). Eine Änderung von einzelvertraglichen Regelungen (Arbeitsvertrag) ist jederzeit möglich, setzt jedoch das Einvernehmen des Arbeitnehmers voraus. Zwar ginge dies auch ohne Einvernehmen per Änderungskündigung, von einem juristischen Standpunkt ist dies jedoch nur schwer durchsetzbar. Sie sind sich unsicher und benötigen juristische Hilfe bei einer Praxisübernahme? Füllen Sie dieses Formular aus und wir helfen Ihnen!

Relevanten Institutionen, Ämtern und Kammern informieren

Ist die Praxisübernahme geglückt, dann müssen Sie sich bei relevanten Institutionen, Ämtern und Kammern melden. Es muss z. B. eine neue Betriebsnummer angemeldet und die übernommenen Mitarbeiter umgemeldet werden. Zu informieren sind:

  • Berufsgenossenschaft
  • KV
  • Arbeitsamt
  • Finanzamt
  • Versorgungswerk
  • Bundesknappschaft
  • Gesundheitsamt
  • Gewerbeaufsichtsamt
  • Krankenkassen

Vergessen Sie nicht auch die Mitarbeiter und Patienten zu informieren!

Checkliste: Wie läuft eine Praxisübernahme ab?

  1. Eintragung in die Warteliste der KV, wenn eine Niederlassung in einem gesperrten Planungsbereich geplant ist.
  2. Suche nach einer geeigneten Arztpraxis (Praxisbörse, Zeitung, persönliche Kontakte).
  3. Alle notwendigen Dokumente für den Zulassungsausschuss zusammentragen (Geburtsurkunde, polizeiliches Führungszeugnis usw.).
  4. Recherche nach geeigneten Förderprogrammen.
  5. Betriebswirtschaftliche Analyse der ausgewählten Praxis (Praxiswertermittlung und Due-Diligence).
  6. Businessplan erstellen und Kreditgeber für Praxisfinanzierung finden
  7. Übernahmevereinbarungen mit dem Praxisverkäufer aushandeln.
  8. Praxisübernahmevertrag unterschreiben.
  9. Kassenzulassung beantragen, wenn es sich um die Übernahme einer Vertragsarztpraxis handelt
  10. Institutionen, Ämter, Kammern, Personal und Patienten über die Praxisübernahme informieren.
  11. Praxismarketing-Maßnahmen durchführen.

Das neue Praxiskonzept der Praxisnachfolge sollte sich (zunächst) nicht radikal vom vorigen unterscheiden. Weichen Abgeber- und Übernehmerkonzept zu stark voneinander ab, könnte dies Bestandspatienten vergraulen. Führen Sie Innovationen am Besten behutsam und Schritt für Schritt ein. Im Optimalfall gibt es ein Interim-Management, das einen radikalen Bruch zwischen alter und neuer Praxis verhindert. Die Interimsphase kann sowohl vor oder nach der Praxisübernahme erfolgen.

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Wie viel kostet eine Praxisübernahme?

In der Großstadt kostet eine Praxisübernahme (hausärztliche Einzelpraxis) durchschnittlich 117.600 €. Mit rund 48.000 € ist die Übernahme auf dem Land wesentlich günstiger. Rechnet man Modernisierungsmaßnahmen und die Anschaffung zusätzlicher Praxisausstattung mit in die Praxisübernahme ein, dann liegen die Gesamtkosten bei 169.300 €. Die Gesamtkosten setzen sich zusammen aus 103.800 € (Übernahmepreis (= ideeller + materieller Wert)) plus 65.500 € sonstige Investitionen. Diese Preisangaben beziehen sich auf das Jahr 2019/2020 und wurden von der Deutsche Apotheker- und Ärztebank (apoBank) und dem Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung (Zi) veröffentlicht.

Praxisgründung Kosten

Praxiswertermittlung: So setzt sich der Kaufpreis einer Praxisübernahme zusammen

Der Kaufpreis einer Praxisübernahme ist abhängig vom Praxiswert. Der Praxiswert wird im Zuge einer Praxiswertermittlung bestimmt. Die Bewertung des Kaufs- bzw. Verkaufspreises basiert im Wesentlich auf:

  • materieller Praxiswert (Substanzwert)
    • Grund- und Boden
    • Praxiseinrichtung (Möbel, EDV, Telefon, Beleuchtung, etc.) und ggf. Laboreinrichtung
    • Medizingeräte und Praxisinstrumente
    • Vorräte und Verbrauchsmaterialien (Destilliertes Wasser, Verbandsmaterial etc.)
    • Kraftfahrzeuge
  • immaterieller Praxiswert (ideeller Praxiswert, Goodwill)
    • Standort der Arztpraxis
    • Reputation der Arztpraxis
    • Organisationsstrukturen
    • Patientenstamm
    • Wissensstand der Mitarbeiter

Was passiert mit den Patientendaten bei einer Praxisübernahme?

Im Zuge einer Praxisübernahme muss sich die Übergabe der Patientendaten an bestimmten Gesetzen und Ordnungen orientieren, damit sie rechtssicher verwendet werden können. Darunter fallen:

  • § 630f BGB
    • Dokumentationspflicht: Die Dokumentation der Behandlung inkl. Patientendaten in einer Patientenakte ist Pflicht.
    • Aufbewahrungsfrist: Die Patientendaten müssen nach der Behandlung für mindestens 10 Jahre aufbewahrt werden. Dies ist bspw. auch in § 10 Abs. 3 MBO-Ä niedergeschrieben.
  • § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB
    • Der Verrat von Geheimnissen an Unbefugte als Arzt, Zahnarzt, Tierarzt, Apotheker oder Angehöriger eines anderen Heilberufs wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
  • § 9 MBO-Ä: Ärztliche Schweigepflicht

Die Pflicht zur Aufbewahrung der Patientendaten besteht über die Praxisübernahme hinaus

Damit der Praxisverkäufer keinen strafbaren Geheimnisverrat begeht, kann er sich vor Weitergabe der Daten eine schriftliche Einwilligung der betreffenden Patienten einholen. Der Versand von Briefen, in denen die Patienten um Zustimmung gebeten werden, erscheint auf den ersten Blick geeignet. In der Realität hat sich jedoch gezeigt, dass die meisten Patienten auf derartige Schreiben nicht reagieren. Der Passus “Schweigen gilt als Zustimmung zur Datenweitergabe” ist keine zulässige Willenserklärung.

Als Lösung hat sich in der Arztpraxis das “Zwei-Schrank-Modell” etabliert. Die Patientendaten vom alten Praxisinhaber werden in einem separaten Schrank eingeschlossen und der Praxisnachfolger fungiert lediglich als Verwahrer, nicht als Eigentümer. Dennoch ist eine Einverständniserklärung jedes Patienten von Nöten, damit der Praxisnachfolger die Daten einsehen und in seinen eigenen Schrank überführen kann. Die jeweilige Einverständniserklärung kann praktischerweise dann eingeholt werden, wenn der Patient das erste Mal nach der Praxisübergabe in der Praxis vorstellig wird. Selbiges gilt auch für Patientendaten, die digital in einer Arztsoftware gespeichert sind. In diesem Fall werden die Dateien mit einem Passwort geschützt.

Die Wirtschaftsprüfungs-, Rechts-, Steuer- und Unternehmensberatungsgesellschaft Mazars ergänzt, dass das Zwei-Schrank-Modell seit Inkrafttreten der DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) nicht mehr rechtskonform ist. Gemäß Art. 4 Nr. 2 DSGVO wird auch das bloße Aufbewahren von Patientenakten als Verarbeitung personenbezogener Daten angesehen. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, muss neben dem Verwahrungsvertrag (meist im Praxisübernahmevertrag enthalten) eine Auftragsverarbeitungsvereinbarung (AVV) geschlossen werden. Die AVV enthält Weisungen des Praxisverkäufers, wie die Praxisnachfolge mit den Patientendaten umzugehen hat. Die Praxisnachfolge ist aber nicht mehr weisungsgebunden, bis auf dass er die Daten nicht löschen darf, sobald er die Patientenakten aus dem verschlossenen Schrank in seinen überführt. Daher liegt ein Auftragsverarbeitungsverhältnis nach Mazars eher fern.

Alternativ zum Zwei-Schrank-Modell bietet sich eine langfristige Zusammenarbeit zwischen Praxisverkäufer und Praxisnachfolge an, in der sie als gemeinsam Verantwortliche gemäß Art. 26 i. V. m. Art. 4 Nr. 7 DSGVO gelten. Sowohl Praxisverkäufer als auch -käufer können die Patientendaten einsehen. Aufgrund der “Gleichrangigkeit der Herrschaft” handelt es sich nun nicht mehr um eine Auftragsverarbeitung, sondern um eine gemeinsame Verantwortung. Eine Vereinbarung beider Parteien, in der die Betroffenenrechten geregelt werden, ist auch in diesem Fall notwendig. Wird solch eine Vereinbarung nicht getroffen, dann kann eine Verhängung eines Bußgelds seitens der Datenschutzbehörde nicht ausgeschlossen werden.

Unabhängig von der DSGVO erwähnt der Wirtschafts- und Versicherungsdienst des Marburger Bundes Bayern GmbH eine weitere Möglichkeit, wie Patientendaten bei einer Praxisübernahme rechtssicher verwendet werden können: Bei einer längeren gemeinsamen Tätigkeit (Assistent/Job-Sharing) kann davon ausgegangen werden, dass eine Einverständniserklärung der Patienten regelmäßig vorliegt. Bei einer späteren Praxisübernahme gelten die Patientendaten aus rechtlicher Sicht als bereits bekannt und stellen somit kein „Geheimnis“ des Abgebers mehr dar. Analog dazu ist bei der Übergabe der Praxis an einen zuvor angestellten Arzt eine Einverständniserklärung des Patienten in der Regel nicht erforderlich.

Patientenanschreiben: Wie informiere ich Patienten über die Praxisübernahme?

Ein Patientenanschreiben, in dem über die bevorstehende Praxisübernahme informiert wird, ist empfehlenswert. Der ausscheidende Vorgänger muss Sie dabei unterstützen. Dies ist womöglich aber auch in seinem Interesse, da er so einen “sauberen Abgang” hinlegt. In der Mitteilung könnte z. B. der Ausscheide-Grund des alten Praxisinhabers und eine Danksagung aufgegriffen sowie die Praxisnachfolge vorgestellt werden (Steckbrief).

Zusätzlich zum Schreiben an die Patienten können Flyer an der Empfangstheke der Praxis ausgelegt, beschriftete Flipcharts im Flur aufgestellt oder Poster im Wartezimmer aufgehängt werden.

Wie funktioniert die Praxisübernahme durch ein MVZ?

Die Praxisübernahme durch ein MVZ kann auf zwei Wegen erfolgen:

  • Klassisches Nachbesetzungsverfahren.
    • MVZ tritt als Bewerber auf den ausgeschriebenen Kassensitz auf.
    • MVZ muss einen Arzt als Übernehmer benennen.
    • In vielen KVen wird der übernommene Vertragsarztsitz ab Praxisverkauf automatisch zum Sitz des MVZ inkludiert.
    • Wenn die ärztliche Tätigkeit am Ort des Vertragsarztsitzes fortgeführt werden soll, muss das MVZ einen Antrag auf Genehmigung einer Zweigpraxis oder Arztpraxis-Filiale  gemäß § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV stellen.
  • Praxisabgeber verlegt seinen Kassensitz an den Standort des MVZ und verzichtet gemäß § 103 Abs. 4 b SGB V auf seine Kassenzulassung, damit er sich anschließend im MVZ anstellen lässt.
    • Diese Variante ist sicherer als die erste, da es kein Nachbesetzungsverfahren und damit auch keine Konkurrenz gibt, die einem den KV-Sitz “wegschnappen” könnte.
Arzt spricht mit Bankberater über eine bevorstehende Praxisübernahme
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FAQ

Welche Beratung braucht man für eine Praxisübernahme?

Eine Praxisübernahme-Beratung ist zwar freiwillig, allerdings ist sie zu empfehlen. Die Übernahme birgt enorme finanzielle Risiken und zudem sind Ärzte keine Juristen. Juristisches Wissen ist jedoch von Belang, vor allem beim Praxisübernahmevertrag. Sichern Sie den Praxiskauf ab und nehmen Sie die Erfahrung von einem Rechtsanwalt, einem Steuerberater, einem Finanzberater oder einem Gründungsberater in Anspruch. Fragen Sie einfach uns – Wir vermitteln Ihnen von der Praxisberatung bis zum Medizingerät alles, was Sie brauchen!

Welche Fragen sollte ich mir vor einer Praxisübernahme stellen?

Möchte ich eine Praxis übernehmen oder ist eine Neugründung die bessere Option für mich? Welche Praxisform ist die Richtige für mich? Arbeite ich lieber alleine (Einzelpraxis) oder mit Kollegen zusammen (Gemeinschaftspraxis, Praxisgemeinschaft)? Will ich nur Privatpatienten behandeln und abrechnen oder auch Kassenpatienten? Wie groß soll die zukünftige Praxis sein? Was traue ich mir selbst zu? Möchte ich eine Praxis in der Stadt oder auf dem Land übernehmen? Wie hoch ist der zukünftige erwartbare Gewinn der Arztpraxis? Welche Gesetze und Regularien muss ich einhalten? Kann ich als neuer Praxisinhaber neue Arbeitsverträge ausstellen? Kann ich das alles alleine stemmen oder brauche ich nicht doch Hilfe und Beratung?

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Autor: Nils Buske, zuletzt aktualisiert am