Vorgehensweise bei der Praxisübergabe: Mit Medizinio sorgenfrei in den Ruhestand

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Gründe für eine Praxisübergabe

  • Ruhestand: Der häufigste Grund für eine Praxisübergabe ist der Eintritt in den Ruhestand. Eine frühzeitige Planung sichert einen reibungslosen Übergang für den Arzt, die Patienten und das Praxisteam.
  • Berufswechsel: Manche Ärzte streben eine berufliche Neuorientierung an, sei es in der Forschung, Lehre oder in angestellten Positionen, um den administrativen Aufwand einer eigenen Praxis zu vermeiden.
  • Gesundheitliche Gründe: Gesundheitliche Einschränkungen oder familiäre Verpflichtungen können Ärzte dazu zwingen, ihre Praxis abzugeben. Eine strukturierte Übergabe ist hier besonders wichtig, um Stabilität für Patienten und das Team zu gewährleisten.
  • Wirtschaftliche Gründe: Finanzielle Schwierigkeiten oder unzureichende Rentabilität der Praxis können einen Verkauf notwendig machen. Oft werden Praxen auch in medizinische Versorgungszentren (MVZ) integriert, um die Wirtschaftlichkeit zu verbessern.

Eine Umfrage der apoBank, bei der 400 Heilberufler aus den Bereichen Humanmedizin, Zahnmedizin und Pharmazie befragt wurden, ergab, dass der Ruhestand der häufigste Grund für die Abgabe von Praxen und Apotheken ist. Über die Hälfte der Inhaber entschied sich nach dem Praxisverkauf für einen sofortigen Rückzug, während andere einen sanfteren Übergang wählten und noch eine Zeit lang gemeinsam mit ihren Nachfolgern tätig blieben. Die Umfrage zeigte zudem, dass 11 % der Praxen oder Apotheken ohne Nachfolge schließen, oft aufgrund von Standortnachteilen wie ländlicher Lage oder zu geringem Ertrag.

Schritte der Praxisübergabe

Frühzeitige Planung

Eine langfristige Planung der Praxisübergabe ist unerlässlich, um alle Beteiligten – Patienten, Mitarbeiter und Nachfolger – auf den Übergang vorzubereiten. Idealerweise sollte die Planung 5 Jahre im Voraus beginnen, so Ute Grebe-Thiel (Finanzberaterin für Ärzte). Je früher desto besser. 

Warum 5 Jahre im Voraus planen:

Alte Praxen, die beispielsweise im 1. Stock ohne Aufzug oder mit begrenzten Parkmöglichkeiten liegen, sind für potenzielle Nachfolger oft unattraktiv. Eine Modernisierung oder ein Umzug sollten in Betracht gezogen werden, um die Praxis für die nächste Generation wettbewerbsfähig zu machen.

Bei der Übergabe einer Praxis werden die Geschäftszahlen der letzten drei Jahre genau geprüft. Um einen attraktiven Verkaufspreis zu erzielen, sollte der Praxisinhaber wirtschaftlich aktiv bleiben und keine Nachlässigkeit zeigen. Zusätzliche Leistungen oder Angebote können helfen, die Praxis rentabel zu halten.

Junge Ärzte bevorzugen häufig kooperative Arbeitsmodelle anstelle von Einzelpraxen. Eine mögliche Strategie für Praxisinhaber könnte darin bestehen, ihre Praxis in eine Kooperation mit anderen Einzelpraxen zu überführen. Dies erfordert Vorlaufzeit, um eine größere und zukunftssichere Praxisgemeinschaft zu schaffen.

Wir brauchen ungefähr zwei Jahre, um sozusagen die Braut hübsch zu machen. Dabei spielt die frühzeitige Identifikation der Erwartungen von Abgeber- und Übernehmerseite eine entscheidende Rolle. Wenn sich beide Seiten darüber nicht im Klaren sind und dies untereinander nicht abgestimmt haben, braucht ein Ausschreibungsverfahren gar nicht erst beantragt werden – es hat dann keine Aussicht auf Erfolg.

Volker Naumann (Wirtschafts- und Unternehmensberater)

Zu einer etwas zügigeren Angabe kommt die Umfrage der Apobank. Danach dauert der Praxis- oder Apothekenabgabeprozess in der Realität im Schnitt 8 Monate weniger als ursprünglich erwartet. Während die befragten Inhaber im Vorfeld eine Dauer von 2 Jahren und 4 Monaten für die Abgabe schätzten, zeigte sich, dass der tatsächliche Prozess schneller verlief. Im Durchschnitt dauerte der Abgabe-Prozess etwa 1 Jahr und 8 Monate.

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Bewertung der Praxis

Die Bewertung der Praxis ist ein zentraler Schritt bei der Übergabe, da sie die Grundlage für die Festlegung des Kaufpreises bildet. Der Wert wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst, darunter der materielle und immaterielle Praxiswert.

Der materielle Praxiswert umfasst alle physischen Vermögenswerte, wie medizinische Geräte, IT-Infrastruktur, Praxiseinrichtung und Verbrauchsmaterialien. Diese werden auf Basis ihres aktuellen Nutzwerts berechnet.

Der immaterielle Wert bezieht sich auf den Goodwill der Praxis, also den ideellen Wert. Dieser basiert auf Faktoren wie der Lage der Praxis, dem Patientenstamm, dem Bekanntheitsgrad sowie der Reputation. Besonders der Anteil an Privatpatienten und die Wettbewerbsintensität in der Region beeinflussen diesen Wert.

Für die Wertermittlung wird oft das modifizierte Ertragswertverfahren genutzt, das zukünftige Gewinne prognostiziert und abzinst. Ergänzend können Gutachter, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer hinzugezogen werden, um eine objektive Bewertung zu gewährleisten.

Unterschiede zwischen materiellen und immateriellen Vermögensgegenständen

Suche nach einem geeigneten Nachfolger

Die Auswahl eines Nachfolgers ist ein entscheidender Schritt bei der Praxisübergabe. Hierbei sollten sowohl fachliche als auch persönliche Kriterien beachtet werden:

  • Fachliche Eignung: Der Praxisnachfolger sollte über die notwendige Qualifikation und Erfahrung (Approbation und die notwendige Facharztanerkennung) verfügen, um die Praxis erfolgreich weiterzuführen.
  • Persönliche Chemie: Eine gute zwischenmenschliche Übereinstimmung zwischen dem Abgeber und dem Nachfolger kann den Übergang erleichtern, insbesondere in der Übergangsphase.
  • Finanzielle Mittel: Der Übernehmer sollte in der Lage sein, die finanziellen Verpflichtungen der Übernahme zu erfüllen, sei es durch Eigenkapital oder geeignete Formen der Niederlassungsfinanzierung.

Um den passenden Nachfolger zu finden, kann der Einsatz eines Praxismaklers hilfreich sein. Alternativ kann die Praxis auch über Online-Plattformen (Praxisbörsen) oder direkte Ansprache beworben werden.

Vertragsverhandlungen und rechtliche Aspekte

Sobald ein Praxisnachfolger gefunden ist, beginnt die Phase der Vertragsverhandlungen. Hier sind verschiedene Vertragsarten zu berücksichtigen:

  • Kaufvertrag: Regelt den Verkauf der Praxis samt Inventar und Patientenstamm.
  • Mietvertrag: Falls die Praxisräume nicht im Eigentum des Praxisinhabers sind, muss der Mietvertrag auf den Nachfolger übertragen oder neu verhandelt werden.
  • Übernahme der Mitarbeiter: Hierbei geht es um die Frage, unter welchen Bedingungen das Personal übernommen wird.
    • Bei einer Praxisübernahme müssen die Mitarbeiter in der Regel übernommen werden, gemäß § 613a BGB. 

Bei den Verhandlungen sind auch rechtliche Aspekte wie Wettbewerbsverbote (um Konkurrenztätigkeit zu verhindern) und der Datenschutz (insbesondere der Schutz sensibler Patientendaten) zu beachten.

Sofortige vs. gestaffelte Praxisübergabe

Die Wahl zwischen sofortiger und gestaffelter Praxisübernahme hängt von den individuellen Umständen der Praxis und den Erwartungen beider Parteien ab.

Die sofortige Praxisübernahme erfolgt zu einem festen Stichtag, an dem die gesamte Praxis einschließlich Patientenstamm, Mitarbeiter und Ausstattung vollständig an den Praxisnachfolger übergeben wird. Diese Variante eignet sich besonders für Nachfolger, die schnell eigenständig arbeiten und Entscheidungen ohne den Einfluss des bisherigen Inhabers treffen möchten. Für den abgebenden Arzt bedeutet dies einen klaren und endgültigen Abschluss des Praxislebens. Auch Konflikte, die bei einer gemeinsamen Übergangsphase entstehen könnten, werden vermieden.

Die gestaffelte Praxisübernahme hingegen erfolgt schrittweise. Der Vorteil dieser Methode liegt darin, dass der Nachfolger genügend Zeit hat, sich mit den Abläufen, dem Team, den Patienten sowie der gesamten Organisation vertraut zu machen. Besonders in Fachbereichen mit sensibler Arzt-Patienten-Beziehung, wie etwa in der Gynäkologie, Proktologie oder Urologie, kann dies dazu beitragen, dass Patienten die Übergabe als weniger einschneidend empfinden. Somit wird das Risiko minimiert, dass Patienten aufgrund der Übernahme den Arzt wechseln.

Eine gestaffelte Übergabe kann durch ein Jobsharing-Modell in einem gesperrten Planungsbereich unterstützt werden. In diesem Modell teilen sich zwei Ärzte derselben Fachrichtung einen Arztsitz. Das ermöglicht es dem Nachfolger, sukzessive in die Praxis hineinzuwachsen, ohne dass sofort die volle Kassenzulassung des Vorgängers zurückgegeben werden muss. Das Jobsharing kann sowohl im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses als auch innerhalb einer Berufsausübungsgemeinschaft stattfinden, was dem Nachfolger Flexibilität bietet.

Wie funktioniert das Nachbesetzungsverfahren?

Das Nachbesetzungsverfahren gemäß § 103 SGB V ist für einen Praxisabgeber von entscheidender Bedeutung, da es den Verkauf und die Übertragung seiner Praxis unmittelbar beeinflusst. 

Das Verfahren regelt die Zulassungsbeschränkungen und legt fest, wie vorzugehen ist, wenn ein Vertragsarztsitz neu besetzt werden soll, insbesondere in Planungsbereichen mit Zulassungsbeschränkungen aufgrund einer Überversorgung. 

  1. Feststellung einer Überversorgung: Zunächst prüfen die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen, ob in einem bestimmten Planungsbereich eine Überversorgung vorliegt. Dies geschieht unter Berücksichtigung der Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses. Sollte eine Überversorgung bestehen, werden Zulassungsbeschränkungen angeordnet, um die Zahl der Vertragsärzte in diesem Gebiet zu begrenzen.
  2. Ende der Zulassung und Antrag auf Nachbesetzung: Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet, stellt sich die Frage, ob der Sitz nachbesetzt werden soll. Der Zulassungsausschuss entscheidet hierüber auf Antrag des ausscheidenden Arztes oder seiner Erben. Dabei prüft der Ausschuss, ob die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus versorgungsrechtlichen Gründen erforderlich ist. Ein Antrag kann abgelehnt werden, wenn keine Notwendigkeit besteht, den Sitz zu besetzen.
  3. Ausschreibung des Vertragsarztsitzes: Falls der Zulassungsausschuss dem Antrag auf Nachbesetzung stattgibt, ist die Kassenärztliche Vereinigung verpflichtet, den Vertragsarztsitz auszuschreiben. Die Ausschreibung erfolgt in den offiziellen Veröffentlichungen der KV. Potenzielle Nachfolger können sich auf diese Ausschreibung bewerben.
  4. Kriterien zur Auswahl eines Nachfolgers: Der Zulassungsausschuss wählt aus den eingegangenen Bewerbungen nach pflichtgemäßem Ermessen einen Nachfolger aus. Dabei werden mehrere Kriterien berücksichtigt, unter anderem:
    1. Berufliche Eignung des Bewerbers
    2. Approbationsalter
    3. Dauer der ärztlichen Tätigkeit
    4. Ob der Bewerber ein Angehöriger des bisherigen Vertragsarztes ist (z. B. Ehegatte, Kind)
    5. Ob der Bewerber als angestellter Arzt oder Partner in der Praxis tätig war
    6. Ob besondere Versorgungsbedürfnisse in der Region erfüllt werden sollen.
  5. Verkehrswert der Praxis: Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Arztes werden insofern berücksichtigt, als der Verkaufspreis der Praxis den Verkehrswert nicht überschreiten darf. Sollte der Nachbesetzungsantrag abgelehnt werden, muss die KV eine Entschädigung in Höhe des Verkehrswertes der Praxis an den Arzt oder seine Erben zahlen.
  6. Zulassungsbeschränkte Planungsbereiche: In Bereichen mit Zulassungsbeschränkungen kann es vorkommen, dass der Zulassungsausschuss den Antrag auf Nachbesetzung ablehnt, wenn die Praxis aus versorgungsrechtlichen Gründen nicht weitergeführt werden muss. Hierbei spielt auch die Versorgungslage des Planungsbereichs eine Rolle. Zudem wird bei der Nachbesetzung darauf geachtet, ob der Nachfolger den Versorgungsbedarf in unterversorgten Gebieten erfüllt.
  7. Nachrangigkeit von medizinischen Versorgungszentren: Wenn ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) den Vertragsarztsitz übernehmen möchte, werden MVZs, bei denen die Mehrheit der Anteile nicht bei Ärzten liegt, gegenüber anderen Bewerbern nachrangig berücksichtigt. Ausnahmen bestehen für MVZs, die bereits vor dem 31. Dezember 2011 zugelassen waren.
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Steuerliche Aspekte bei der Praxisübergabe

Ärzte sollten bei der Praxisübergabe die Möglichkeiten nutzen, steuerliche Vorteile wie Freibeträge und Steuerermäßigungen in Anspruch zu nehmen. Diese Vorteile können unter bestimmten Voraussetzungen den steuerlichen Veräußerungsgewinn erheblich reduzieren. Der folgende Überblick erläutert die wesentlichen steuerlichen Aspekte, die bei der Praxisübergabe zu berücksichtigen sind.

Veräußerungsgewinn berechnen

Der erste Schritt im Rahmen der steuerlichen Planung ist die Ermittlung des Veräußerungsgewinns. Dieser ergibt sich nach dem §16 Abs. 2 EStG in Verbindung mit §18 Abs. 3 EStG und wird durch folgende Formel bestimmt:

Veräußerungsgewinn = Veräußerungspreis − Buchwert des Betriebsvermögens − Veräußerungskosten

Der ermittelte Gewinn unterliegt der Einkommensteuer. Wichtig dabei ist, dass unter bestimmten Voraussetzungen, etwa wenn der Praxisinhaber das 55. Lebensjahr vollendet hat oder berufsunfähig ist, ein Freibetrag von bis zu 45.000 € steuerfrei bleibt.

Steuerpflicht beim Praxisverkauf

Der Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf der eigenen Arztpraxis gehört grundsätzlich zu den Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit und unterliegt der Einkommensteuer. Dabei ist es wichtig, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen verkauft werden. Zu diesen zählen der Patientenstamm, die medizinischen Geräte sowie gegebenenfalls die Praxisimmobilie. Forderungen gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung und Privatpatienten gehören in der Regel nicht zu den Betriebsgrundlagen und verbleiben beim veräußernden Arzt.

Hinweis: Besonders strittig ist die Frage, ob die Vertragsarztzulassung als ein wesentliches Wirtschaftsgut gilt. Während sie aus juristischer Sicht oft als unveräußerliches Recht betrachtet wird, erkennen Finanzämter diese häufig als steuerlich relevante Betriebsgrundlage an. Um Risiken zu minimieren, sollte diese Frage stets im Vorfeld mit einem Steuerberater geklärt werden.

Steuerliche Begünstigungen

  • Veräußerungsfreibetrag ab 55 Jahre
    • Ärztinnen und Ärzte, die das 55. Lebensjahr vollendet haben oder im sozialversicherungsrechtlichen Sinne berufsunfähig sind, können von einem Veräußerungsfreibetrag profitieren. Dieser beträgt 45.000 Euro, bleibt jedoch nur dann vollständig erhalten, wenn der Veräußerungsgewinn 136.000 Euro nicht überschreitet. Liegt der Gewinn über dieser Grenze, reduziert sich der Freibetrag sukzessive, bis er bei einem Gewinn von 181.000 Euro vollständig entfällt.
  • Ermäßigter Steuersatz nach §34 EStG
    • Zusätzlich können Praxisverkäufer, die das 55. Lebensjahr erreicht haben, den sogenannten „halben” Steuersatz nach §34 Abs. 3 EStG in Anspruch nehmen. Dieser reduziert die Steuerlast auf den Veräußerungsgewinn erheblich, da nur 56% des durchschnittlichen Steuersatzes zur Anwendung kommen. Diese Steuervergünstigung bietet vor allem bei hohen Veräußerungsgewinnen eine signifikante Steuerentlastung.
  • Weiterarbeit nach Praxisverkauf
    • Viele Praxisinhaber möchten auch nach der Veräußerung ihrer Praxis weiterhin beruflich aktiv bleiben. Dies ist unter bestimmten Bedingungen steuerlich unproblematisch, etwa wenn sie im Angestelltenverhältnis arbeiten oder andere selbstständige Tätigkeiten ausüben, die keinen direkten Bezug zur ehemaligen Praxis haben. Kritisch kann es jedoch werden, wenn der Verkäufer erneut eine Praxis eröffnet oder weiterhin als niedergelassener Arzt tätig bleibt, ohne eine ausreichende Wartezeit einzuhalten. In solchen Fällen droht der Verlust der steuerlichen Begünstigungen.

Sonderfälle und Steuerfallen

Ärzte, die nach der Praxisveräußerung Altpatienten auf eigene Rechnung weiterbehandeln, sollten vorsichtig sein. Die Umsatzgrenze für eine steuerlich unschädliche Weiterführung beträgt 10% des durchschnittlichen Umsatzes der letzten drei Jahre. Eine Überschreitung dieser Grenze kann zu hohen Steuernachforderungen führen.

Befindet sich die Praxisimmobilie im Eigentum des Verkäufers, sollte geprüft werden, ob diese im Rahmen des Praxisverkaufs mitveräußert wird. Erfolgt dies nicht, und die Immobilie wird weiterhin vermietet, kann es zu einer steuerlichen Entnahme kommen, was die Versteuerung stiller Reserven nach sich zieht. Um dies zu vermeiden, kann die Immobilie in eine Immobiliengesellschaft ausgelagert werden.

Beispiele zur Steuerberechnung

  • Arzt aus Berufsausübungsgemeinschaft (älter als 55 Jahre, GbR)
    • Veräußerungsgewinn: 300.000 €
    • Veräußerungsfreibetrag: Nicht anwendbar (Gewinn über 181.000 €)
    • Ermäßigter Steuersatz: 23,31% (aufgrund des halben Steuersatzes)
    • Einkommensteuer: 69.930 €
    • Nettogewinn: 230.070 €
  • Alleine praktizierender Arzt (älter als 55 Jahre, Freiberufler)
    • Veräußerungsgewinn: 145.000 €
    • Veräußerungsfreibetrag: 36.000 € (wegen Überschreitung des Grenzwerts von 136.000 €)
    • Zu versteuernder Gewinn: 109.000 €
    • Ermäßigter Steuersatz: 20,42%
    • Einkommensteuer: 22.257 €
    • Nettogewinn: 122.743 €
  • Praxisinhaber in einem MVZ (jünger als 55 Jahre, GmbH)
    • Veräußerungsgewinn: 400.000 €
    • Teileinkünfteverfahren: 6/7 gewährt, 1/7 rückwirkend besteuert
    • Kumulierte Steuerbelastung: 30,18%
    • Einkommensteuer: 120.720 €
    • Nettogewinn: 279.280 €

Emotionale und zwischenmenschliche Aspekte

Der Abschied von einer Praxis ist nicht nur ein wirtschaftlicher oder rechtlicher Vorgang, sondern auch eine tief emotionale Erfahrung. Für den Arzt, der seine Praxis übergibt, sowie für die Patienten und das Praxisteam stellt die Übergabe eine bedeutende Veränderung dar. Die zwischenmenschlichen Beziehungen, die über Jahre aufgebaut wurden, sollte mit viel Sensibilität behandelt werden.

Abschied von Patienten

Der Abschied von den Patienten ist für viele Ärzte einer der emotionalsten Schritte bei einer Praxisübergabe. Langjährige Patientenbeziehungen, die oft auf Vertrauen und regelmäßigen Behandlungen basieren, machen diesen Prozess besonders sensibel. Patienten könnten Unsicherheiten oder Sorgen über die Kontinuität ihrer Versorgung haben, weshalb eine frühzeitige und transparente Kommunikation entscheidend ist.

Ein Praxisübernahme-Schreiben an die Patienten ist ein zentraler Bestandteil dieser Kommunikation. In diesem Schreiben sollten die Patienten rechtzeitig – idealerweise 1 bis 2 Monate im Voraus – über die geplante Praxisübergabe informiert werden. Das Schreiben kann per Post, E-Mail oder als Aushang in der Praxis erfolgen und sollte klar den neuen Praxisinhaber vorstellen, die Gründe für die Übernahme erläutern und versichern, dass die medizinische Betreuung weiterhin auf gewohntem Niveau stattfinden wird. Wichtig ist auch, auf die rechtlichen Anforderungen hinzuweisen, insbesondere auf die Notwendigkeit einer Einwilligung zur Übertragung der Patientendaten gemäß der DSGVO.

Neben dem Patientenanschreiben zur Praxisübergabe kann eine Praxisübergabe-Zeitungsanzeige (Annonce) sinnvoll sein, um die Öffentlichkeit über die Praxisübernahme zu informieren. Ein gut formulierter Anzeigentext für die Praxisübergabe in lokalen Zeitungen oder der Praxiswebsite kann helfen, auch jene Patienten zu erreichen, die seltener in der Praxis sind. 

Ein persönliches Gespräch oder ein Übergabetermin kann den Patienten zudem die Möglichkeit geben, den neuen Inhaber kennenzulernen und Vertrauen aufzubauen. Besonders bei chronisch kranken oder langjährigen Patienten sollte der Übergang sorgfältig gestaltet werden, um sicherzustellen, dass die medizinische Versorgung nahtlos fortgeführt wird. Durch klare, offene Kommunikation und das rechtzeitige Vorstellen des Nachfolgers wird der Abschied erleichtert und das Vertrauen der Patienten in die zukünftige Betreuung gestärkt.

Abschied von Mitarbeitern

Auch der Abschied von den Mitarbeitern stellt oft eine besonders emotionale Phase der Praxisübergabe dar, da über die Jahre hinweg nicht nur ein professionelles, sondern auch ein persönliches Vertrauensverhältnis entstanden ist. Für viele Praxisinhaber stellt das Praxisteam eine feste Stütze im Alltag dar, und der Abschied bedeutet, gewohnte Arbeitsbeziehungen loszulassen.

Für die Mitarbeiter selbst kann der Wechsel mit Unsicherheit verbunden sein, da sie nicht nur den bisherigen Vorgesetzten verlieren, sondern sich auch Sorgen um ihre berufliche Zukunft unter dem neuen Inhaber machen. Gemäß § 613a BGB müssen jedoch alle Mitarbeiter bei einer Praxisübernahme übernommen werden, was ihnen rechtliche Sicherheit gibt. Die bestehenden Arbeitsverträge bleiben unverändert bestehen, und für ein Jahr dürfen keine nachteiligen Änderungen an den Arbeitsbedingungen vorgenommen werden, es sei denn, tarifliche Regelungen erfordern dies.

Ein offener und transparenter Kommunikationsprozess ist entscheidend, um den Mitarbeitern Ängste zu nehmen und sie aktiv in den Übergangsprozess einzubinden. Die rechtzeitige Information über den Zeitpunkt der Übergabe sowie die geplanten Änderungen hilft den Mitarbeitern, sich auf die neue Situation vorzubereiten. Ebenso wichtig ist es, dass der neue Praxisinhaber frühzeitig vorgestellt wird, um Vertrauen aufzubauen und die Kontinuität im Team zu gewährleisten.

Ein positiver Abschied, etwa durch eine Feier oder ein gemeinsames Essen, stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl und zeigt den Mitarbeitern die Wertschätzung für ihre bisherige Arbeit. Dies trägt dazu bei, dass das Team auch nach dem Wechsel motiviert und engagiert bleibt.

Datenschutz & Patienteninformation bei der Praxisabgabe

Eine Praxisübergabe erfordert besondere Sorgfalt im Umgang mit sensiblen Patientendaten, da diese sowohl unter die ärztliche Verschwiegenheitspflicht als auch unter die Bestimmungen der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) fallen. Bei der Weitergabe von Patientenakten muss sichergestellt werden, dass die Vertraulichkeit gewahrt und die gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind.

In der Praxis wird oft, im Sinne des Patientenwohls, von der Schweigepflicht abgewichen. Bei der Behandlung eines bewusstlosen Patienten, bei Überweisungen zu anderen Ärzten oder bei Krankenhausaufnahmen wird meist ohne ausdrückliche Zustimmung eine Entbindung von der Schweigepflicht angenommen. § 9 Abs. 4 MBO-Ä besagt, dass Ärzte, die gleichzeitig oder nacheinander denselben Patienten untersuchen oder behandeln, untereinander von der Schweigepflicht befreit sind, sofern das Einverständnis des Patienten vorliegt oder vernünftigerweise angenommen werden kann. Eine solche stillschweigende (konkludente) Einwilligung setzt voraus, dass der Patient aufgrund der Umstände mit der Weitergabe von Informationen an Dritte rechnen muss und dem nicht widerspricht.

Einwilligung der Patienten

Für die Übertragung von Patientenakten auf den neuen Praxisinhaber ist eine ausdrückliche Einwilligung der Patienten erforderlich. Diese Einwilligung muss freiwillig, informiert und schriftlich erfolgen. Die Patienten müssen darüber aufgeklärt werden, dass ihre medizinischen Daten an den Praxisnachfolger übergeben werden, und ihnen muss die Möglichkeit gegeben werden, diese Weitergabe abzulehnen. 

Dokumentation der Einwilligung

Der bisherige Praxisinhaber ist verpflichtet, die Einwilligungen zur Datenweitergabe ordnungsgemäß zu dokumentieren. Diese Dokumentation ist für den Datenschutz essenziell, da ohne Einwilligung keine Patientenakte an den neuen Inhaber übergeben werden darf. Liegt keine Zustimmung vor, bleiben die Akten beim bisherigen Praxisinhaber, bis der Patient in einem neuen Behandlungsverhältnis erneut um Einwilligung gebeten wird.

Das Zwei-Schrank-Modell

Ein praxistaugliches Verfahren zur datenschutzkonformen Verwaltung von Patientendaten bei der Übergabe ist das sogenannte Zwei-Schrank-Modell:

  • Schrank 1: Hier werden die Akten der Patienten aufbewahrt, die ihre Einwilligung zur Weitergabe erteilt haben. Diese Akten dürfen dem neuen Praxisinhaber übergeben werden.
  • Schrank 2: Hier werden die Akten der Patienten gelagert, die keine Einwilligung zur Weitergabe ihrer Daten gegeben haben. Diese Akten bleiben beim Praxisverkäufer. Der Praxisnachfolger erhält nur dann Zugriff auf diese Akten, wenn der Patient zu einem späteren Zeitpunkt seine Einwilligung erteilt.

Dieses Modell gewährleistet, dass die Daten nur dann weitergegeben werden, wenn dies im Einklang mit der DSGVO und der ärztlichen Schweigepflicht erfolgt. Dies gilt nicht nur für physische Patientenakten, sondern auch für digitale Praxissoftware, die entsprechend durch Passwortschutz und weitere Sicherheitsmaßnahmen vor unbefugtem Zugriff geschützt werden muss. So wird sichergestellt, dass auch digital gespeicherte Patientendaten nur mit der expliziten Einwilligung der Patienten an den neuen Praxisinhaber weitergegeben werden.

Verstöße gegen den Datenschutz

Verstöße gegen die Datenschutzvorgaben können schwerwiegende Konsequenzen haben. Die DSGVO sieht Bußgelder von bis zu 20 Millionen € oder 4 % des weltweiten Jahresumsatzes vor. Zudem drohen strafrechtliche Konsequenzen nach § 203 StGB, falls die ärztliche Schweigepflicht verletzt wird. Eine unbefugte Weitergabe von Patientendaten kann zu einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe führen.

Aufbewahrungsfristen

Auch nach der Praxisübergabe müssen die gesetzlichen Aufbewahrungsfristen für Patientenakten eingehalten werden. Diese betragen in der Regel 10 Jahre ab dem letzten Patientenkontakt oder der abgeschlossenen Behandlung. 

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Der Praxisübergabevertrag

Eine Praxisübernahme erfordert sorgfältige vertragliche Regelungen, die sowohl die materiellen als auch immateriellen Vermögenswerte und die rechtlichen Rahmenbedingungen der Praxisübergabe berücksichtigen. Der Praxisübergabevertrag ist dabei das zentrale Dokument, das alle wesentlichen Aspekte der Übergabe regelt.

  • Formvorschrift und Vertragsgegenstand: Der Vertragsgegenstand einer Praxisübergabe umfasst sowohl materielle als auch immaterielle Vermögenswerte. Zu den materiellen Werten zählen medizinische Geräte, Einrichtung und technisches Inventar. Diese sollten genau erfasst und in einem Übergabeprotokoll dokumentiert werden. Der ideelle Wert der Praxis, der auf dem Patientenstamm und der Ertragslage basiert, darf nur mit Zustimmung der Patienten weitergegeben werden. Zudem regelt der Vertrag, welche laufenden Verträge (wie Miet-, Leasing- oder Wartungsverträge) vom Käufer übernommen werden.
  • Kaufpreis und Zahlungsmodalitäten: Der Kaufpreis der Praxis wird durch den materiellen und immateriellen Wert bestimmt. Eine objektive Praxiswertermittlung ist entscheidend, um den Kaufpreis nachvollziehbar zu gestalten. Im Vertrag sollten die Zahlungsmodalitäten klar definiert werden. Dies kann auch Regelungen zur Ratenzahlung oder Anpassungsklauseln beinhalten, falls sich die wirtschaftliche Lage der Praxis nach der Übernahme verändert.
  • Gewährleistung und Haftung: Im Praxiskaufvertrag muss genau festgelegt werden, in welchem Umfang der Verkäufer für Mängel an den übergebenen Vermögenswerten haftet. Häufig wird der Verkäufer von der Gewährleistung befreit, aber es sollten Mindestgarantien für den Zustand der medizinischen Geräte und Einrichtungen vertraglich vereinbart werden. Außerdem ist eine klare Regelung über die Haftung für Forderungen und Verbindlichkeiten notwendig: Der Vertrag muss festlegen, wer für offene Forderungen und Verbindlichkeiten bis zum Übernahmestichtag haftet, einschließlich der Abrechnung der letzten Leistungen des Verkäufers.
  • Übernahme des Personals: Gemäß § 613a BGB gehen die Arbeitsverhältnisse der bestehenden Mitarbeiter im Rahmen einer Praxisübernahme automatisch auf den neuen Inhaber über. Dies muss im Vertrag klar festgehalten werden. Der Käufer übernimmt somit alle bestehenden Arbeitsverträge und sollte sicherstellen, dass alle relevanten Regelungen, wie zum Beispiel Urlaubs- und Weihnachtsgeld, anteilig bis zum Übernahmestichtag gezahlt wurden.
  • Übernahme weiterer Verträge: Im Vertrag sollte ebenfalls geregelt werden, welche laufenden Verträge (z. B. Leasingverträge für medizinische Geräte, Wartungsverträge, Versicherungen, Telefonverträge) der Käufer übernimmt. Besonders wichtig ist die Übernahme des Mietvertrags für die Praxisräume. Idealerweise sollte der Mietvertrag noch mehrere Jahre laufen und eine Option auf Verlängerung bieten. Ein spezialisierter Praxismietvertrag für Ärzte, der die Besonderheiten des Praxisbetriebs berücksichtigt, ist ratsam.
  • Übertragung der Patientenkartei: Die Übertragung der Patientenkartei ist nur mit der ausdrücklichen Zustimmung der Patienten möglich. Daher sollte der Vertrag klare Regelungen enthalten, wie und wann diese Einwilligungen eingeholt werden. Der neue Praxisinhaber muss sicherstellen, dass alle datenschutzrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Dies schließt auch die Einhaltung der DSGVO-Vorgaben ein.
  • Konkurrenzschutzklausel: Unter Umständen ist dem Praxisübernehmer eine Konkurrenzschutzklausel im Vertrag wichtig, damit sichergestellt ist, dass der abgebende Arzt nach der Übergabe nicht im gleichen Einzugsgebiet eine neue Praxis eröffnet oder in einer ähnlichen Funktion tätig wird. Dies schützt den Käufer vor direkter Konkurrenz und sichert den langfristigen Erfolg der übernommenen Praxis.
  • Vorbehalt der vertragsärztlichen Zulassung: Der Vertrag sollte klar regeln, dass die Praxisübernahme nur dann wirksam wird, wenn der Käufer die vertragsärztliche Zulassung durch die Kassenärztliche Vereinigung erhält. Dieser Vorbehalt ist wichtig, da die Vertragsarztpraxis-Übergabe ohne die Zulassung nicht vollzogen werden kann.
  • Rücktrittsrecht und Schiedsverfahren: Ein Rücktrittsrecht sollte im Vertrag vorgesehen werden, falls bestimmte Voraussetzungen, wie die vertragsärztliche Zulassung, nicht erfüllt werden. Darüber hinaus ist es sinnvoll, ein Schiedsgutachterverfahren zu vereinbaren, um mögliche Streitigkeiten über die Vertragsauslegung oder die Praxisbewertung außergerichtlich zu lösen.
  • Zustimmung des Ehepartners: Falls der Verkäufer verheiratet ist, kann es erforderlich sein, dass der Ehepartner dem Vertrag zustimmen muss, insbesondere wenn es um die Übertragung von Vermögenswerten geht, die zum gemeinsamen Eigentum gehören.

Ein Vorvertrag bei einer Praxisübergabe dient oft dazu, potenzielle Käufer frühzeitig zu binden und dem Verkäufer Planungssicherheit zu geben. Der erzielte Verkaufserlös spielt häufig eine wichtige Rolle für die Altersvorsorge. Ein Vorvertrag bietet jedoch nur dann rechtliche Sicherheit, wenn wesentliche Details wie Kaufpreis und Praxisausstattung klar definiert sind. Mangelt es an dieser Präzision, besteht das Risiko, dass der Vertrag im Streitfall als unwirksam gilt. Da die Verhandlungen um den Vorvertrag oft den gleichen Aufwand wie der Hauptvertrag erfordern, ist es meist sinnvoller, direkt den Hauptvertrag abzuschließen und Unsicherheiten durch Rücktrittsrechte oder aufschiebende Bedingungen zu regeln.

Praxisübergabe in speziellen Fällen

Praxisübergabe innerhalb der Familie

In einer Apobank-Umfrage gaben von 400 Heilberuflern 9 % an, dass sie ihre Praxis oder Apotheke an ein Familienmitglied übergeben haben. Diese Information zeigt, dass die familiäre Nachfolge eine Option ist, aber nur von einem kleinen Teil der Befragten genutzt wird.

Die familiäre Praxisübergabe bietet sowohl Chancen als auch besondere Herausforderungen. Auf der einen Seite ermöglicht sie den Erhalt der Praxis in der Familie, was für viele Patienten und Mitarbeiter beruhigend ist, da die Kontinuität der Versorgung gewahrt bleibt. Zudem kann der Übergang in familiären Fällen oft flexibler und über einen längeren Zeitraum erfolgen, sodass der Nachfolger schrittweise in die Praxis eingebunden wird. Dies erleichtert den Übergabeprozess und erlaubt eine intensive Einarbeitung.

Allerdings gibt es auch Herausforderungen, wie etwa die klare Trennung von familiären und geschäftlichen Angelegenheiten. Oft können emotionale Bindungen und Erwartungen zwischen den Familienmitgliedern den Übergabeprozess beeinflussen. Es ist wichtig, frühzeitig klare Absprachen zu treffen und rechtliche Regelungen schriftlich festzuhalten, um Missverständnisse zu vermeiden. Auch die steuerlichen Aspekte einer familiären Übergabe, wie etwa Schenkungs- oder Erbschaftssteuern, müssen im Vorfeld genau geprüft werden.

Gemäß § 103 SGB V werden Ehegatten, Lebenspartner, Erben oder Kinder des bisherigen Vertragsarztes bei der Nachfolge eines Vertragsarztes berücksichtigt, wenn sie sich auf die Übernahme der Praxis bewerben. Konkret bedeutet dies, dass der Zulassungsausschuss bei der Auswahl eines Nachfolgers auch prüft, ob der Bewerber zu dieser Gruppe gehört.

Gemeinschaftspraxis oder Praxisgemeinschaft

Die Praxisübergabe in einer Gemeinschaftspraxis oder Praxisgemeinschaft bringt zusätzliche Komplexität mit sich. In einer Gemeinschaftspraxis teilen sich mehrere Ärzte die Verantwortung, und es gibt meist gemeinsame Verträge und Absprachen, die bei einer Übergabe berücksichtigt werden müssen.

Bei der Übergabe eines Anteils in einer Gemeinschaftspraxis müssen die vertraglichen Vereinbarungen zwischen den verbleibenden Ärzten und dem ausscheidenden Praxispartner genau geprüft werden. Wichtig ist, dass der Praxisübernahmevertrag nicht nur zwischen dem übergebenden Arzt und dem Nachfolger geschlossen wird, sondern auch mit Zustimmung der Mitgesellschafter. Die verbleibenden Ärzte müssen sicherstellen, dass der neue Partner fachlich und persönlich gut in die Gemeinschaftspraxis passt. In vielen Fällen gibt es vertragliche Regelungen, die den bisherigen Partnern ein Vorkaufsrecht oder ein Zustimmungsrecht einräumen, sodass sie Einfluss auf die Auswahl des neuen Praxispartners haben.

In einer Praxisgemeinschaft ist die Situation weniger komplex, da die Ärzte rechtlich unabhängig voneinander arbeiten und meist nur bestimmte Ressourcen teilen, wie etwa die Praxisräume oder die Ausstattung. Hier ist es wichtig, die bestehenden Vereinbarungen zur gemeinsamen Nutzung zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen, wenn der neue Praxispartner hinzukommt.

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Wie vermarkte ich die Praxisübergabe, um das Maximum herauszuholen?

Eine strategische Herangehensweise im Marketing und in der Kommunikation kann die Reichweite potenzieller Interessenten erhöhen und den Wert der Praxis positiv beeinflussen.

Analyse der Zielgruppe

Bevor Marketingmaßnahmen ergriffen werden, ist es wichtig, die Zielgruppe zu definieren. Potenzielle Nachfolger können sein:

  • Junge Ärzte: Frisch approbierte Mediziner, die den Schritt in die Selbstständigkeit wagen möchten.
  • Erfahrene Fachärzte: Kollegen mit Berufserfahrung, die sich niederlassen oder erweitern wollen.
  • Medizinische Versorgungszentren (MVZ): Institutionen, die Praxen übernehmen und integrieren möchten.

Die Kenntnis der Zielgruppe ermöglicht es, die Kommunikationskanäle und Botschaften gezielt auszurichten.

Zudem gibt es bestimmte Trends, die im Rahmen der Praxisübergabe bedacht werden sollten:

  • Wertewandel & Work-Life-Balance: Junge Ärzte suchen verstärkt nach flexiblen Arbeitsmodellen. Praxisangebote mit Work-Life-Balance sollten hervorgehoben werden.
  • Weiblicher Arztnachwuchs: Über 60 % der künftigen Ärzte sind weiblich. Aspekte wie Familienfreundlichkeit und flexible Arbeitszeiten sind daher besonders relevant.
  • Attraktiver Standort: Der Standort spielt eine immer größere Rolle. Eine Praxis in einer attraktiven Umgebung erhöht das Interesse.
  • Kooperationsbereitschaft: Viele Ärzte bevorzugen Kooperationen, etwa mit MVZs. Dies sollte als Vorteil kommuniziert werden.
  • Erweitertes Praxenangebot: Praxen mit breitem Leistungsspektrum und Wachstumspotenzial sind besonders gefragt.
  • Modernität: Moderne Ausstattung und digitale Prozesse steigern die Attraktivität der Praxisübernahme. 
  • Rentabilität: Transparente Informationen zur Wirtschaftlichkeit der Praxis sind entscheidend für die Nachfolge.

Professionelle Präsentation der Praxis

Eine ansprechende und professionelle Darstellung der Praxis ist essenziell. Dazu gehören:

  • Erstellung eines Exposés: Ein detailliertes Informationsdokument mit Daten zur Lage, Ausstattung, Patientenstruktur, Umsätzen und Entwicklungspotenzialen.
  • Visuelle Darstellung: Hochwertige Fotos der Räumlichkeiten und eventuell ein virtueller Rundgang erhöhen die Attraktivität.
  • Transparenz: Offenlegung relevanter Kennzahlen schafft Vertrauen bei potenziellen Nachfolgern.

Nutzung von Vermarktungskanälen

Verschiedene Kanäle können genutzt werden, um die Praxis bekannt zu machen:

  • Online-Praxisbörsen: Spezialisierte Portale, auf denen Praxen angeboten werden.
  • Fachzeitschriften und -magazine: Anzeigen in medizinischen Publikationen erreichen die Zielgruppe direkt.
  • Soziale Medien und Netzwerke: Plattformen wie LinkedIn oder Xing ermöglichen die Vernetzung mit Fachkollegen.

Die Zusammenarbeit mit einem spezialisierten Praxismakler bietet folgende Vorteile:

  • Expertenwissen: Makler kennen den Markt und können bei der realistischen Bewertung der Praxis helfen.
  • Diskretion: Professionelle Abwicklung ohne Bekanntwerden der Verkaufsabsicht in der Öffentlichkeit.
  • Netzwerk: Zugang zu einem breiten Pool potenzieller Nachfolger.

Die persönliche Ansprache kann oft effektiver sein als anonyme Anzeigen:

  • Kontakt zu Universitäten und Kliniken: Vorstellung der Praxis bei Weiterbildungsveranstaltungen oder über Alumni-Netzwerke.
  • Fachverbände und Ärztekammern: Nutzung von Veranstaltungen und Meetings zum Knüpfen von Kontakten.

Optimierung der Praxisattraktivität

Um die Praxis für Nachfolger interessanter zu machen, können folgende Maßnahmen ergriffen werden:

  • Modernisierung: Investitionen in moderne Medizintechnik oder Cloud-Praxissoftware.
  • Qualitätsmanagement: Einführung von Zertifizierungen oder Qualitätsstandards.
  • Patientenzufriedenheit: Positive Bewertungen und Feedback fördern das Image der Praxis.

Kommunikation mit Mitarbeitern und Patienten

Ein offener Kommunikationsstil stärkt das Vertrauen aller Beteiligten:

  • Frühzeitige Information: Mitarbeiter sollten rechtzeitig über die Verkaufsabsicht informiert werden, um Unsicherheiten zu vermeiden.
  • Einbindung in den Prozess: Mitarbeiter können bei der Übergabe unterstützen und positive Signale an potenzielle Nachfolger senden.
  • Patientenkommunikation: Transparente Information über den Wechsel fördert die Loyalität und den Erhalt des Patientenstamms.

Rechtliche Aspekte beachten

Bei allen Marketingaktivitäten müssen rechtliche Vorgaben eingehalten werden:

  • Werberecht: Ärztliche Werbebeschränkungen gemäß Berufsordnung und Heilmittelwerbegesetz beachten.
  • Datenschutz: Keine Weitergabe von Patientendaten ohne ausdrückliche Einwilligung.

Was sind die größten Hürden bei der Übergabe einer Praxis?

Die größten Bedenken von Praxisabgebern, wie eine Umfrage der apoBank zeigt, liegen in mehreren zentralen Bereichen:

  • Nachfolgersuche: Für 69 % der Noch-Inhaber stellt die Suche nach einem geeigneten Nachfolger die größte Herausforderung dar. Tatsächlich berichteten dann 37 % derjenigen, die bereits abgegeben haben, dass dies in der Praxis schwierig war. Vor allem in ländlichen Regionen oder bei weniger ertragreichen Praxen gestaltet sich die Nachfolgersuche oft problematisch.
  • Wertermittlung der Praxis: Ein weiteres großes Bedenken betrifft die marktgerechte Wertermittlung. Viele Praxisinhaber haben Schwierigkeiten, den genauen Wert ihrer Praxis (oder Apotheke) realistisch einzuschätzen. Obwohl 67 % derer, die den Verkauf bereits abgeschlossen haben, angaben, dass sich die Wertermittlung weniger problematisch als gedacht gestaltete, bleibt es für viele im Vorfeld ein Unsicherheitsfaktor.
  • Erlös und Preisvorstellungen: 53 % der Befragten äußerten Sorgen, ob sie einen guten Verkaufserlös erzielen würden. In der Realität mussten 44 % der ehemaligen Inhaber Abstriche bei ihren Preisvorstellungen machen. Dies führt dazu, dass viele Inhaber unsicher sind, ob sie den gewünschten finanziellen Gewinn erreichen können.
  • Investitionen vor der Abgabe: Viele Inhaber überlegen, ob sie vor dem Verkauf Investitionen tätigen sollten, um den Wert ihrer Praxis zu steigern. Die Umfrage zeigt, dass 60 % derjenigen, die investierten (z.B. in Modernisierung oder Digitalisierung der Arztpraxis), dies als lohnenswert ansahen. Allerdings bleibt die Unsicherheit über den finanziellen Nutzen solcher Investitionen bestehen.
  • Verkauf an Investoren: Ein weiteres Bedenken betrifft den Verkauf an Investoren. 59 % der Noch-Inhaber sind bereit, ihre Praxis (oder Apotheke) an Investoren zu verkaufen, wenn sich kein geeigneter Nachfolger findet. Jedoch ist dies für 21 % keine Option, was weitere Unsicherheiten bezüglich der Abgabemöglichkeiten schafft.

Insgesamt drehen sich die größten Sorgen der Praxisabgeber um die Nachfolgersuche, die korrekte Wertermittlung und die Erzielung eines angemessenen Verkaufserlöses.

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Quellen
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