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Inhaltsverzeichnis
Strukturelle Probleme und deren Auswirkungen auf den Kassensitz-Verkauf
Möchten Sie Ihren Kassensitz auf dem Land verkaufen? Dies wird zunehmend schwieriger, da immer weniger Ärzte bereit sind, eine Arztpraxis in ländlichen Gebieten zu gründen. Hauptgründe dafür sind die zunehmende Bürokratie, Budgetbeschränkungen und die schwache Infrastruktur.
Hier erfahren Sie, wie Sie Ihre Praxisabgabe dennoch erfolgreich gestalten können. Dort finden Sie auch ein Webinar-Video mit einer Branchenexpertin zum Thema “Praxisübergabe erfolgreich vorbereiten”.
Laut der Kampagne „Rettet die Praxen“ der Kassenärztlichen Vereinigungen sind die Rahmenbedingungen für niedergelassene Ärzte problematisch, was die Versorgungssicherheit gefährdet. Beispielsweise erwägen 61 % der Ärzte und Psychotherapeuten, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen. Darüber hinaus fühlen sich 91 % der Ärzte und Psychotherapeuten durch die zunehmende Bürokratie stark überlastet.
Gleichzeitig zeigt die Arztzahlstatistik der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) einen Anstieg der angestellten Ärzte und Teilzeitbeschäftigten, was auf zunehmende Herausforderungen bei der ärztlichen Niederlassung hinweist.
Die KBV hat mit einer neuen Modellrechnung ermittelt, dass die Nachfrage nach ärztlicher Versorgung bis zum Jahr 2030 moderat ansteigen, das ärztliche Angebot jedoch sinken wird. Besonders betroffen ist dabei die Gruppe der Hausärzte und der sogenannten fachärztlichen Grundversorger.
Kassenärztliche Bundesvereinigung
Es gibt eine zunehmende Anzahl von Ärzten, die ihre Kassenzulassung zurückgeben und nur noch Privatpatienten behandeln, so zumindest in der Region Bodensee-Oberschwaben. Die Gründe dafür sind der hohe bürokratische Aufwand und finanzielle Unsicherheiten.
Diese Entwicklungen unterstreichen den dringenden Handlungsbedarf, um die Attraktivität des Kassensitzes zu steigern und die ambulante Versorgung zu sichern. Zwar gibt es bereits diverse Anreize für Ärzte und Psychotherapeuten, sich in unterversorgten Gebieten niederzulassen, doch reichen diese scheinbar nicht aus.
Welche Möglichkeiten gibt es für die Übertragung der Kassenzulassung?
Zur Übertragung der Kassenzulassung auf eine andere Rechtsperson gibt es zwei Wege:
- Nachbesetzungsverfahren
- Verzicht zugunsten einer Anstellung als Arzt bei einem anderen Vertragsarzt oder einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ)
Nachbesetzungsverfahren
Beim Nachbesetzungsverfahren entscheidet der Zulassungsausschuss zunächst gemäß § 103 Abs. 3a SGB V, ob ein Nachbesetzungsverfahren überhaupt durchgeführt wird (1. Stufe des Nachbesetzungsverfahrens).
Dieser Entscheidungsprozess wird eingeleitet, wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll.
Der Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens kann vom Vertragsarzt oder seinen zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben gestellt werden.
Der Zulassungsausschuss kann den Antrag ablehnen, wenn eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist, es sei denn, der Nachfolger gehört dem in § 103 Abs. 4 Satz 5 Nummer 4, 5 und 6 bezeichneten Personenkreis an oder verpflichtet sich, die Praxis in ein unterversorgtes Gebiet zu verlegen.
Bei positivem Beschluss schreibt die Kassenärztliche Vereinigung gemäß § 103 Abs. 4 Satz 1 SGB V den Vertragsarztsitz aus und erstellt eine Liste der eingehenden Bewerbungen (2. Stufe des Nachbesetzungsverfahrens).
Danach wählt der Zulassungsausschuss gemäß § 103 Abs. 4 Satz 4 SGB V den Nachfolger aus den Bewerbern aus (3. Stufe des Nachbesetzungsverfahrens). Dabei wird berücksichtigt, ob der Bewerber die Praxis in einem Gebiet fortführt, in dem der Landesausschuss eine Unterversorgung festgestellt hat oder ob bestimmte Bedingungen wie eine mindestens dreijährige Anstellungsdauer erfüllt sind.
Ein Vorverfahren gemäß § 78 des Sozialgerichtsgesetzes findet nicht statt. Klagen gegen einen Beschluss des Zulassungsausschusses, mit dem einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen wird, haben keine aufschiebende Wirkung. Wird der Antrag abgelehnt, so hat die Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder seinen zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis zu zahlen. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes ist auf den Verkehrswert abzustellen, der bei Fortführung der Praxis maßgeblich wäre.
Das Urteil des Bundessozialgerichts vom 12. Februar 2020 (Az.: B 6 KA 19/18 R) behandelt die Frage der Rücknahme eines Antrags auf Nachbesetzung einer Vertragsarztstelle. Der Kläger hatte einen solchen Antrag gestellt und diesen vor der endgültigen Entscheidung der Zulassungsgremien zurückgenommen. Das Gericht entschied, dass durch die Rücknahme des Antrags das Nachbesetzungsverfahren beendet wird. Eine erneute Entscheidung oder Bescheidung war daher nicht erforderlich, da die ursprüngliche Antragstellung mit der Rücknahme hinfällig wurde.
Verzicht zugunsten einer Anstellung
Beim Verzicht zugunsten einer Anstellung ist hingegen kein Nachbesetzungsverfahren erforderlich. Der Zulassungsausschuss muss die Anstellung des abgebenden Arztes gemäß § 103 Abs. 4a, 4b Satz 1 SGB V genehmigen, sofern keine Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen.
Auf die Genehmigung der Anstellung besteht ein Rechtsanspruch. Dies bedeutet, dass der Vertragsarztsitz nicht ausgeschrieben werden muss und keine Auswahlentscheidung des Zulassungsausschusses notwendig ist. Eine spätere Nachbesetzung der Arztstelle ist ohne Auswahlentscheidung möglich, auch bei angeordneten Zulassungsbeschränkungen gemäß § 95 Abs. 4a Satz 5, 4b Satz 5 SGB V.
Bei einer Anstellung kommen z. B. infrage:
- Weiterbildungs- und Entlastungsassistent/Entlastungsvertretung
- Job-Sharing-Anstellung (im gesperrten Planungsbereich)
- Anstellung auf hälftiger Zulassung nach „Splitting“
- Anstellung im freien Planungsbereich
- Sonderfall: Anstellung nach Zulassungsverzicht zugunsten einer Anstellung (im gesperrten Planungsbereich)
Bei einer Kooperation i. e. Sinne (Gesellschaft) kommen z. B. infrage:
- Jobsharing-Gesellschaft
- BAG/ÜBAG (mit hälftiger Zulassung nach „Splitting“)
- BAG/ÜBAG (mit vertragsärztlicher Zulassung)
Die Drei-Jahres-Frist
Das Bundessozialgericht (BSG) entschied am 04.05.2016, dass das Recht zur Nachbesetzung einer Arztstelle grundsätzlich nur dann besteht, wenn der Arzt dort mindestens drei Jahre tätig war oder zumindest ursprünglich die Absicht hatte, dort mindestens drei Jahre tätig zu sein (die „Drei-Jahres-Frist“).
Diese Entscheidung betraf zwar einen konkreten Sachverhalt in einem MVZ, die Grundsätze sind jedoch auch auf Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) übertragbar. Ziel dieser Anforderungen war es, Gestaltungsmissbrauch zu verhindern, also die Umgehung des Nachbesetzungsverfahrens. Diese Drei-Jahres-Frist beruht auf Richterrecht und ist gesetzlich nicht explizit normiert.
Der Verzicht auf eine hälftige Zulassung führt dazu, dass keine Anstellungsgenehmigung für eine ganze Stelle erteilt werden kann. Der Umfang der Tätigkeit, für die eine Anstellungsgenehmigung erteilt wird, kann hinter dem der ursprünglichen Zulassung zurückbleiben, um eine Überversorgung zu reduzieren. Der Versorgungsauftrag der Anstellungsgenehmigung darf nicht über den der Zulassung hinausgehen, kann jedoch dahinter zurückbleiben. Nach dem Ausscheiden des Arztes kann die Stelle nur im Umfang des Anrechnungsfaktors der erteilten Anstellungsgenehmigung nachbesetzt werden.
Das BSG erlaubt Ärzten, die altersbedingt ihren Tätigkeitsumfang schrittweise verringern möchten, eine entsprechende Ausnahme (Abschmelzen). Solch ein Arzt muss im ersten Jahr in dem gleichen Umfang arbeiten, wie er es zuvor als zugelassener Arzt getan hat. Anschließend kann der Beschäftigungsumfang in den folgenden zwei Jahren schrittweise um 0,25 % reduziert werden. Diese Reduktion beeinträchtigt nicht das Nachbesetzungsrecht des anstellenden Leistungserbringers. Einige Kassenärztliche Vereinigungen betrachten diese Möglichkeit als die einzige zulässige. Es besteht jedoch Uneinigkeit darüber, ob diese Reduktion auch bei einer Anstellung mit halbem Versorgungsauftrag nach einem Jahr erlaubt ist. Das BSG betonte die Berücksichtigung der Interessen älterer Ärzte, was die Zulässigkeit einer Reduktion unterstützt. Unklar bleibt jedoch, ab welchem Alter Vertragsärzte diese Möglichkeit nutzen können.
Endet die Tätigkeit eines Arztes, der auf seine Zulassung zugunsten einer Anstellung verzichtet hat, vor Ablauf von drei Jahren, hängt das Nachbesetzungsrecht davon ab, ob ursprünglich eine dreijährige Tätigkeit geplant war und unvorhergesehene Umstände diese verhinderten. Die Nachbesetzung der Arztstelle kann nur dann ausgeschlossen werden, wenn diese Absicht nicht nachweisbar ist. Wenn eine Arztstelle bereits nachbesetzt wurde, gilt der anstellende Leistungserbringer als schutzwürdig, und eine erneute Nachbesetzung ist normalerweise zulässig. Die Regelungen zur Übertragung der Anstellungsgenehmigungen sind gesetzlich nicht klar definiert und variieren in der Praxis. Ein Verstoß gegen die Drei-Jahres-Frist hat in der Regel keine Auswirkungen auf andere übertragene Arztstellen.
Bei Ausnahmen von der Drei-Jahres-Frist gibt es erhebliche Rechtsunsicherheit. Das Bundessozialgericht entscheidet, ob das Nachbesetzungsrecht besteht, basierend darauf, ob der Arzt ursprünglich beabsichtigte, drei Jahre tätig zu sein, aber aufgrund unvorhersehbarer Umstände, wie Krankheit oder Änderungen der Lebensplanung, vorzeitig aufhören musste.
Wenn der Arzt aus zwingenden Gründen, die ihm zum Zeitpunkt des Verzichts nicht bekannt waren, seine Tätigkeit vorzeitig beendet, kann die Stelle trotzdem nachbesetzt werden. Dies gilt besonders bei außerordentlichen Kündigungsgründen.
Falls der Arzt bei Verzicht schon konkrete Pläne für eine frühzeitige Beendigung hatte oder der Leistungserbringer bereits Verhandlungen für eine sofortige Nachbesetzung führte, spricht dies gegen die Absicht einer dreijährigen Tätigkeit.
Das BSG betont, dass die Nachbesetzbarkeit vom Nachweis der ursprünglichen Absicht abhängt, drei Jahre tätig zu sein. Je kürzer die tatsächliche Beschäftigung, desto strenger sind die Nachweispflichten.
Ein Beispiel: Das Sozialgericht Berlin entschied 2020, dass die Drei-Jahre-Regel zur Nachbesetzung einer vakanten Arztstelle entfällt, wenn ein angestellter Arzt aus nachvollziehbaren beruflichen Gründen seine Tätigkeit in einem MVZ beendet, um eine bessere Stelle in einem anderen MVZ anzutreten (SG Berlin, 30.09.2020 – S 87 KA 155/18).
Es bleibt unklar, ab welchem Alter und unter welchen genauen Bedingungen Vertragsärzte diese Ausnahmen nutzen können.
Was muss man beim Verkauf eines Kassensitzes beachten?
Der Verkauf des Kassensitzes muss vom Zulassungsausschuss genehmigt werden
Der Kassensitz kann nicht einfach ohne weiteres vom Praxisabgeber verkauft werden, denn die Vertragsarztzulassung ist ein „höchstpersönliches Statusrecht„. Die Entscheidung über die Nachbesetzung liegt ausschließlich beim Zulassungsausschuss, der im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens darüber entscheidet.
Ein häufig gemachter Fehler ist der Abschluss eines Vertrags ausschließlich über den Kassensitz. Ein solcher Vertrag ist nichtig, und der Käufer kann den gezahlten Kaufpreis zurückfordern
, erklärt Rechtsanwalt Tim Müller.
Selbst wenn der Käufer die Zulassung erhält, bleibt diese nicht Bestandteil des Kaufvertrags, da sie nicht direkt verkauft werden kann. Der Vertrag muss daher die gesamte Arztpraxis umfassen. Die Zulassung wird nur dann übertragen, wenn die Praxis als Ganzes übernommen wird. Eine grundlegende Voraussetzung für die erfolgreiche Ausschreibung durch den Zulassungsausschuss ist, dass die Praxis fortführungsfähig ist. Dies bedeutet, dass der Praxisinhaber weiterhin in nennenswertem Umfang vertragsärztlich tätig sein muss, um als versorgungsrelevant eingestuft zu werden.
Die Praxis darf vor Verkauf nicht vernachlässigt werden
Ein weiterer Fehler besteht darin, die Praxis vor dem Verkauf vernachlässigt zu betreiben. Eine Praxis mit wenigen Patienten und geringem Umsatz erzielt nicht nur einen niedrigen Verkaufspreis, sondern es besteht auch das Risiko, dass der Zulassungsausschuss die Zulassung nicht mehr ausschreibt
, warnt Müller. In diesem Fall muss die Kassenärztliche Vereinigung (KV) zwar eine Entschädigung in Höhe des Verkehrswerts der Praxis zahlen. Doch dieser Wert ist dann meist gering angesetzt, und der Arzt steht vor zusätzlichen Herausforderungen bezüglich Mietvertrag, Angestellten und der Entsorgung von Geräten.
Der Wunschnachfolger sollte bestimmte Kriterien erfüllen
Wenn Sie planen, Ihren Kassensitz an einen bestimmten Nachfolger zu verkaufen, müssen Sie einige wichtige Aspekte berücksichtigen.
Während die Abgabe eines Kassensitzes an einen bevorzugten Nachfolger in einem offenen Planungsbereich relativ unkompliziert ist (einfaches Antragsverfahren), gestaltet sich dies in einem geschlossenen Planungsbereich schwieriger (Nachbesetzungsverfahren).
Es ist zu beachten, dass sich trotz eines bevorzugten Nachfolgers bei einer Kassensitz-Ausschreibung grundsätzlich auch andere Ärzte bewerben können. Wenn ein Bewerber besser geeignet ist als der Wunschkandidat, erhält der Wunschkandidat trotz eines bestehenden Kaufvertrags nicht den Zuschlag.
Wenn ein anderer Bewerber als der vom Praxisabgeber bevorzugte Kandidat den Zuschlag erhält, entsteht die Situation, dass dieser noch keinen Kaufvertrag abgeschlossen hat, aber den Vertragsarztsitz bekommt. Ein cleverer Bewerber könnte dies nutzen, um den Kaufpreis herunterzuhandeln, da der Abgeber lediglich Anspruch auf den Verkehrswert hat, dessen genaue Höhe oft umstritten ist.
Man kann die Entscheidung des Zulassungsausschusses jedoch “beeinflussen”, indem man den richtigen Wunschnachfolger auswählt. Dabei kann man sich an den Kriterien orientieren, die der Zulassungsausschuss (nach eigenem Ermessen) zu berücksichtigen hat:
§ 103 Abs. 4 SGB V
- die berufliche Eignung
- das Approbationsalter
- die Dauer der ärztlichen Tätigkeit
- eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat
- ob der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist
- ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde
- ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse, die in der Ausschreibung der Kassenärztlichen Vereinigung definiert worden sind, zu erfüllen
- Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung
- bei medizinischen Versorgungszentren die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots; dies gilt entsprechend für Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften mit einem besonderen Versorgungsangebot.
Es wäre also ein Fehler, einen Berufsanfänger als Käufer auszuwählen, der den Sitz weit weg von der ursprünglichen Praxis verlegen will, wenn bekannt ist, dass andere geeignete Bewerber aus der Region schon mit den Hufen scharren, sagt Müller.
Zudem entschied das Bundessozialgericht (Az.: B 6 KA 19/12 R), dass ein Bewerber für die Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes den Willen zur Fortführung der Praxis am bisherigen Standort nachweisen muss. Der Kläger plante, die Zulassung nach Übernahme in ein Medizinisches Versorgungszentrum einzubringen, was nicht der eigenständigen Fortführung der Praxis entspricht. Auch der Plan, eine Zweigpraxis zu eröffnen, wurde nicht akzeptiert. Die Entscheidung der Zulassungsgremien zugunsten einer anderen Bewerberin wurde bestätigt.
Wunschkandidat vorab anstellen, um den Zulassungsausschuss zu “überzeugen”
Eine weitere Möglichkeit, den Zulassungsausschuss von Ihrem Wunschkandidaten zu “überzeugen”, besteht darin, den Wunschkandidat vorab anzustellen. Durch diese Vorgehensweise wird der Juniorpartner bei einer zukünftigen Nachbesetzung bevorzugt berücksichtigt.
Beim Jobsharing teilen sich zwei Ärzte derselben Fachrichtung einen Arztsitz in für Neuzulassungen gesperrten Planungsbereichen. Sie nutzen gemeinsam Praxisräume, Geräte und Personal, was eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglicht und sich zur Praxisübernahme eignet. Umsetzbar ist das in Form einer gleichberechtigten Partnerschaft in einer BAG.
In dieser Variante erhält der neu hinzukommende Arzt eine Zulassung, die nur so lange gültig ist, wie er zusammen mit dem bestehenden Arzt tätig ist. Diese Zulassung hat keine feste Zeitbegrenzung, ist aber an die Berufsausübungsgemeinschaft gebunden. Sie gilt nur, wenn beide Ärzte, der Junior- und der Seniorpartner, gemeinsam praktizieren.
Der Juniorpartner wird als gleichberechtigter Partner in die BAG aufgenommen, die dafür entweder neu gegründet oder erweitert wird. Er ist nicht nur für seine ärztlichen Aufgaben verantwortlich, sondern auch für wirtschaftliche Angelegenheiten der Praxis, wie alle anderen Mitglieder der BAG. Der Juniorpartner wird namentlich auf dem Praxisschild und dem Abrechnungsstempel vermerkt.
Die Arbeitsaufteilung regeln die Jobsharing-Partner unter sich, ohne feste Vorgaben für minimale oder maximale Arbeitszeiten. Wichtig ist, dass der Seniorpartner weiterhin an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt.
Nach zehn Jahren gemeinsamer Tätigkeit wird die ursprünglich beschränkte Zulassung des Juniorpartners in eine unbeschränkte Zulassung umgewandelt. Sollte der Planungsbereich früher entsperrt werden, erfolgt die Umwandlung ebenfalls. Bereits nach fünf Jahren hat der Juniorpartner bei der Nachbesetzung Vorrang, falls der Seniorpartner seine Zulassung zurückgibt.
Wichtige Vertragsbestandteile bei Praxisübernahme und Verzicht zugunsten einer Anstellung
Bei Vertragsverhandlungen, in denen ein Arzt seine Einzelpraxis in ein MVZ einbringen oder verkaufen möchte und dabei auf seine Zulassung verzichtet, sollten neben dem Kaufpreis die folgenden Vertragspunkte besonders sorgfältig ausgehandelt werden:
- Übertragungsstichtag
- Bestandskraftvorbehalt bis zur Zulassungsentscheidung
- Haftung (u. a. für etwaige Umsatzsteuer)
- Kaufpreissicherheiten
- Sicherheitseinbehalte des Käufers für Garantien und Anstellungsdauer (drei Jahre)
Des Weiteren muss auch bei der „übergangsweisen“ (3-jährigen) Tätigkeit im MVZ u. a. festgelegt werden:
- Definition der geschuldeten Tätigkeit
- Arbeitszeit (eine schrittweise Reduzierung ist möglich)
- Urlaubs- und Fortbildungsanspruch
- Vergütung (verschiedene Modelle von fest über variabel)
- Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung
- Wettbewerbsverbot ja/nein
Welcher Verkaufspreis ist für meinen Kassensitz angemessen?
Nachfolgende Angaben berufen sich auf unserem Beitrag über die Kassensitz Kosten. Für den Verkauf einer hausärztlichen Einzelpraxis können Sie 2021/2022 im Durchschnitt 179.100 € verlangen, was einen Anstieg im Vergleich zu 2019/2020 (169.300 €) darstellt.
Für den Beitritt in eine BAG können Sie im Durchschnitt 130.600 € (Patientenstamm muss aufgebaut werden) und für den Verkauf eines Anteils 147.200 € (Patientenstamm wird übernommen) ansetzen. Bei einer Teilzulassung in eine BAG liegt der Verkaufspreis durchschnittlich bei 107.000 €, etwa 80 Prozent der Kosten einer vollen Zulassung.
Praxen auf dem Land lassen sich im Durchschnitt für 81.300 € verkaufen, während Praxen in Großstädten für etwa 114.300 € den Besitzer wechseln.
Für orthopädische Praxen können Sie die höchsten Verkaufspreise von durchschnittlich 507.600 € ansetzen, gynäkologische Praxen bringen etwa die Hälfte ein, und für psychotherapeutische und psychiatrische Praxen liegt der Verkaufspreis bei durchschnittlich 59.200 €.
Der Verkauf eines Kassensitzes erfordert eine gründliche Praxiswertermittlung verschiedener Faktoren, um einen angemessenen Verkaufspreis festzulegen. Darunter fallen z. B.:
- Standort des Kassensitzes
- Patientenstamm und Auslastung
- Finanzielle Kennzahlen (Umsatz, Gewinn, und Kostenstruktur)
- Ausstattung und Zustand der Praxis
- Reputation und Marktposition
- Rechtliche und regulatorische Aspekte (z. B. Vertragsbindungen mit Krankenkassen, Genehmigungen und etwaige Verbindlichkeiten)
- Zukünftige Entwicklungsperspektiven
Welche Gründe gibt es für den Verkauf eines Kassensitzes?
- Ruhestand
- Viele Ärzte und Psychotherapeuten entscheiden sich, ihren Kassensitz im Rahmen des Eintritts in den Ruhestand zu verkaufen. Nach Jahrzehnten harter Arbeit suchen sie nach einer Möglichkeit, ihre Praxis geordnet zu übergeben. Der Verkauf des Kassensitzes bietet die Möglichkeit, das Lebenswerk in vertrauenswürdige Hände zu übergeben und gleichzeitig den finanziellen Ruhestand abzusichern.
- Wechsel in eine Privatpraxis
- Einige Ärzte und Psychotherapeuten ziehen den Wechsel von einer vertragsärztlichen zu einer rein privatärztlichen Tätigkeit in Betracht. Die Gründe dafür können vielfältig sein: von der Möglichkeit, mehr Zeit für die individuelle Patientenbetreuung zu haben, über die Reduzierung administrativer Belastungen bis hin zur besseren Honorierung der ärztlichen Leistungen. Der Verkauf des Kassensitzes ist in diesem Kontext eine logische Konsequenz, um sich vollständig auf die Gründung der Privatpraxis zu konzentrieren.
- Wechsel in ein MVZ
- Ein weiterer häufiger Grund für den Verkauf eines Kassensitzes ist der Wechsel in ein Medizinisches Versorgungszentrum. MVZs bieten oft die Vorteile einer interdisziplinären Zusammenarbeit, besseren organisatorischen Strukturen und administrativer Entlastung. Ärzte und Psychotherapeuten, die den Wechsel in ein MVZ in Betracht ziehen, finden dort oft eine attraktive Alternative zur Einzelpraxis und entscheiden sich daher für den Verkauf ihres Kassensitzes.
- Andere persönliche oder berufliche Gründe
- Familien- oder Gesundheitsgründe: Änderungen in der familiären Situation oder gesundheitliche Herausforderungen können den Wunsch nach einer beruflichen Veränderung oder Reduktion der Arbeitsbelastung begründen.
- Berufswechsel oder Fortbildung: Manchmal ergibt sich die Möglichkeit oder der Wunsch, in einem anderen medizinischen Bereich tätig zu werden oder sich weiterzubilden. Der Verkauf des Kassensitzes ermöglicht die nötige Flexibilität und finanzielle Mittel, um diese neuen beruflichen Wege zu beschreiten.
- Geographische Veränderungen: Ein Umzug in eine andere Stadt oder Region kann ebenfalls den Verkauf des Kassensitzes erforderlich machen, besonders wenn der neue Wohnort keine Fortführung der bisherigen Praxis zulässt.
FAQ
Ist der Verkauf eines halben Kassensitzes steuerpflichtig?
Der Verkauf einer hälftigen Kassenzulassung ist umsatzsteuerpflichtig. Während der komplette Verkauf einer Arztpraxis umsatzsteuerfrei bleibt, änderte ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH Urteil v. 22.10.2009 – C-242/08) die Rechtslage für Teilverkäufe. Die Übertragung wird als sonstige Leistung eingestuft und unterliegt der Umsatzsteuerpflicht. Praxisinhaber müssen 19 % Umsatzsteuer auf den Verkaufspreis aufschlagen, es sei denn, die Kleinunternehmerregelung greift. Diese besagt, dass bei einem Umsatz unter 17.500 Euro im Vorjahr und voraussichtlich unter 50.000 Euro im laufenden Jahr keine Umsatzsteuer ausgewiesen werden muss.
Kann man einen Kassensitz ohne Praxis verkaufen?
Um den Kassensitz ohne die Praxis zu verkaufen, muss man bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Regulär ist dies jedoch nicht zulässig, da die Kassenzulassung an die Praxis gekoppelt ist. Kontaktieren Sie uns, wenn Sie eine Beratung zum Verkauf Ihres Kassensitzes wünschen.
Quellen
- https://www.medical-tribune.de/praxis-und-wirtschaft/artikel/praxisnachfolge-so-folgt-der-wunschkandidat
- https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/pdf/10.1055/a-1700-1781.pdf
- https://www.iww.de/pfb/wirtschaftsberatung/12-iww-kongress-praxis-aerzteberatung-tipps-zur-vertragsgestaltung-bei-kooperationen-f112127
- https://www.ecovis.com/medizin/verkauf-einer-haelftigen-kassenzulassung-ist-umsatzsteuerpflichtig/