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Inhaltsverzeichnis
Was bedeutet Digitalisierung in der Arztpraxis?
Die Digitalisierung in der Arztpraxis beschreibt die Umwandlung von analogen Werten bzw. Arbeitsprozessen in digitale Formate. Zum Teil ist die allgemeine Praxis mit Praxisverwaltungssystem, Online-Terminvergabe, digitales Röntgen und Co. schon heute digital, doch die Zukunft wird für weitere disruptive Innovationen sorgen. Sinnbildlich dafür steht der Aufbau der Telematikinfrastruktur, der nicht nur Arztpraxen, sondern das gesamte Gesundheitssystem inkl. Krankenhäuser, Krankenkassen, Gesundheitsämter usw. betrifft. Dieser Transformationsprozess erfordert passende Software sowie Hardware. Übergeordnet ist der Wandel politisch gewollt und per Gesetz vorgeschrieben, untergeordnet können Ärzte auf freiwilliger Basis digitale Tools nutzen, um die Patientenversorgung zu modernisieren, zu verbessern und sich zukunftssicher aufzustellen.
Das Praxisverwaltungssystem ist Grundvoraussetzung einer digitalen Arztpraxis. Es unterstützt bei der gesamten Praxisorganisation und kann mit Hilfe von Schnittstellen auch Daten von Drittanbietertools oder Medizingeräten zentral managen. Erfahren Sie in unserem Top 10 Praxissoftware Vergleich, welches Produkt wie viel Marktanteil besitzt. Darf es noch ein bisschen digitaler sein? Dann informieren Sie sich doch mal über das Thema Cloud-Arztsoftware.
Kernstück der Digitalisierung: Die Telematikinfrastruktur
Die Digitalisierung in der Arztpraxis wird maßgeblich von der Telematikinfrastruktur (TI) getrieben. Sie ist politisch gewollt (E-Health Gesetz) und ermöglicht den Austausch von Patientendaten im gesamten Gesundheitssystem unter höchsten Sicherheitsstandards. Ziele der TI sind u. a.:
- modernes Versichertenstammdatenmanagement
- Notfalldatenmanagement
- elektronische Patientenakte (ePA)
- elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)
- elektronischer Medikationsplan (eMP)
- elektronisches Rezept (E-Rezept)
- elektronischer Arztbrief
- Kommunikation im Medizinwesen (KIM)
- Förderung telemedizinischer Leistungen (Online-Videosprechstunde, telekonsiliarische Befundbeurteilung von Röntgenaufnahmen)
- Apps auf Rezept: Integration von Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) in die TI
Die Telematikinfrastruktur benötigt nicht nur Software-Updates, sondern auch Hardware. Zu nennen sind hier bspw. Konnektoren, Kartenterminals oder der elektronische Heilberufsausweis. Alle digitalen Arztpraxen können sich schonmal darauf vorbereiten, dass die alten Konnektoren gegen neue ausgetauscht werden müssen. Ein kostspieliges Unterfangen, zumal die zukünftige Telematikinfrastruktur 2.0 webbasiert, also ohne Konnektoren, auskommen soll.
Digitale Tools und Dienstleistungen für Arztpraxen
Ergänzend zur verpflichtenden Nutzung der Telematikinfrastruktur können Arztpraxen freiwillig auf digitale Tools und Dienstleistungen zurückgreifen. Diese digitalen Praxishelfer dienen vor allem der Effizienz, dem Umsatz, der Kompensation des MFA-Mangels, der Patientenzufriedenheit uvm. Wenn Sie mit Ihrer Praxis im Internet unterwegs sind, sollten Sie sich auf jeden Fall auch mit den verschiedenen Praxismarketing-Maßnahmen auseinander setzen.
Tool/Dienstleistung | Erklärung |
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Arztbewertungsportale |
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Digitale Anamnese |
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Medizinische Messenger |
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Online-Arzttermin Kalender |
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Praxiswebsite |
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SEO für Ärzte |
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Social-Media für Ärzte |
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Videosprechstunde |
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Wird die Digitalisierung der Arztpraxis von Patienten positiv gesehen?
Bevor Sie Ihre Arztpraxis vollumfänglich digitalisieren, sollten Sie sich fragen: Wollen das meine Patienten überhaupt?. Die Jameda Patientenstudie kann diese Frage bejahen. Die Nutzung der “digitalen Praxis” seitens der Patienten nahm von 2015 bis 2019 stark zu.
Dieser Trend hat sich aufgrund der Corona-Pandemie noch verstärkt. Es ist davon auszugehen, dass sich die digitale Arztpraxis langfristig durchsetzen wird. Mehr noch: Jameda kommt zu dem Ergebnis, dass der Wunsch nach digitalen Angeboten deutlich größer als die tatsächliche Nutzung ist.
Stand der Digitalisierung in Arztpraxen
Der Digitalisierungs-Trend der Arztpraxen entwickelt sich weiter positiv, allerdings nehmen auch die daraus entstehenden Probleme zu und Ärzte sehen den Wandel zunehmend kritischer. Diese Informationen lassen sich aus dem Praxisbarometer, einem Umfrage-Format zum Stand der Digitalisierung unter niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten, ablesen. Daraus die wichtigsten Fakten, die im Zeitraum 18.9.2021 bis 05.11.2021 festgestellt worden sind, in einer kompakten Übersicht:
- Videosprechstunden
- Das Angebot nahm im Vergleich zum Vorjahr von 39 % auf 37 % ab.
- In technischer Hinsicht als positiv bewertet, der therapeutische Nutzen ist jedoch begrenzt.
- Telematikinfrastruktur
- 85 % aller Praxen sind an die TI angebunden
- 18 % aller Praxen erfahren täglich Probleme mit der TI. Das sind 9 % mehr als im Vorjahr.
- Digitale Kommunikation
- mit anderen Arztpraxen: nahm seit 2018 zu. 3 % komplett digitalisiert, 8 % mehrheitlich digitalisiert und 14 % hälftig digitalisiert und hälftig in Papierform
- mit Krankenhäusern: fast ausschließlich analog
- mit Patienten: zu über 50 % digital
- Der Nutzen digitaler Anwendungen und der Digitalisierungsfortschritt wird kritischer gesehen, als im Vorjahr.
- Die Top-3 Digitalisierungshemmnisse: Umstellungsaufwand (65 %), ungünstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis (65 %), Fehleranfälligkeit der EDV-Systeme (54 %)
- Rund die Hälfte aller Praxen sind aufgeschlossen gegenüber digitalen Innovationen
Die KBV interpretiert die Fakten aus dem Praxisbarometer wie folgt: Dass die Ärzte die Digitalisierung der Arztpraxis kritisch sehen, lässt sich durch die unter Zeitdruck forcierte Einführung von nicht ausreichend getesteten digitalen Anwendungen erklären. Als Negativbeispiel wird in diesem Zusammenhang die eAU genannt. Die digitale Praxis dürfe nicht zum Selbstzweck werden, sonder muss sich am Patientenwohl orientieren. Ebenso müsse es eine ausreichend lange Testphase geben, um den Wandel erfolgreich zu vollziehen. Eine Definition von Medizinischen Informationsobjekten (MIOs) ist nötig, damit die Akteure im Gesundheitswesen reibungslos miteinander kommunizieren können. Zu guter Letzt bedarf es einer adäquaten finanziellen Förderung der Praxen, insbesondere hinsichtlich der IT-Sicherheit.
Mit Nutzen überzeugen, statt mit der Brechstange – das wäre ein politischer Paradigmenwechsel, den wir als Kassenärztliche Bundesvereinigung gerne unterstützen.
Dr. Stephan Hofmeister, Stellv. Vorsitzender des KBV-Vorstands
Die KBV-Vertreterversammlung rechnet mit der halbstaatlichen Gematik, die für die Digitalisierung der Arztpraxen verantwortlich ist, kritisch ab. Die Kommunikation seitens der Gematik sei kaum zu ertragen
, so Dr. med. Pedro Schmelz. Dr. rer. soc. Thomas Kriedel bilanziert die Digitalisierungspolitik mit 4 Worten: Es ist eine Katastrophe
. Faktisch seien alle wichtigen Vorhaben (eMP, eAU, elektr. Arztbrief, …) gescheitert.
Dass die Digitalisierung in der Arztpraxis schleppend verläuft, lässt sich u. a. an der geplanten Einführung des E-Rezeptes demonstrieren: Die Einführung war ursprünglich zum 01.01.2022 geplant. Da gravierende technische Probleme bis dato jedoch nicht gelöst werden konnten und die Testphase keine aussagekräftigen Ergebnisse lieferte, hat die Gematik die Einführung (Schlesweig-Holstin, Westfallen-Lippe) nun auf den 01.09.2022 verschoben. Ob das E-Rezept an diesem Tag tatsächlich eingeführt wird, bleibt abzuwarten.
Die Umfrage von Bitkom mit mehr als 500 Ärzten (Jahr 2021) gewährt einen weiteren Einblick in den Stand der Digitalisierung der Arztpraxen:
- Deutlich weniger niedergelassene Ärzte sehen die digitale Praxis als Chance (53 %), als Klinik-Ärzte (86 %).
- 74 % der Ärztinnen sehen die Digitalisierung als Chance, aber nur 63 % der Männer.
- 88 % der unter 45-Jährigen sehen die Digitalisierung als Chance. Dementgegen stehen nur 55 % der über 45-Jährigen.
- 61 % verwalten eigene Notizen und Dokumentationen digital – und 37 Prozent analog.
- 82 % der Krankenhaus-Ärzte wünschen sich eine Beschleunigung bei der Digitalisierung. Dies wünschen sich jedoch nur 38 % der Praxis-Ärzte.
- 19 % halten den Kontakt zu Arztpraxen überwiegend per Briefpost und 22 % setzen hauptsächlich auf das Fax.
Datenschutz: Hemmnis oder Notwendigkeit?
Datenschutz in der Arztpraxis ist durch die DSGVO per Gesetz vorgeschrieben. Die zunehmende Digitalisierung geht mit zunehmendem Datenschutz einher, dessen Risiko einerseits positiv als auch negativ gesehen werden kann. Das Deutsche Ärzteblatt hat in einer Pro- und Kontra-Debatte zwischen Prof. Dr. med. Markus M. Lerch, Erster stellvertretender Vorstandsvorsitzender (VV) der DGIM sowie Ärztlicher Direktor und VV des Klinikums der Universität München, und Prof. Ulrich Kelber, Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, 2 Meinungen gegenübergestellt:
- Pro (Risiko): Prof. Dr. med. Markus M. Lerch
- Im Vergleich mit anderen Ländern hinkt Deutschland bei der Digitalisierung des Gesundheitssystems hinterher. Der Grund dafür ist der Datenschutz.
- Die Datenschützer verhindern digitale Lösungen, da sie den Datenschutz zu streng auslegen.
- Das Potenzial von Künstlicher Intelligenz kann aufgrund dessen nicht ausgeschöpft werden.
- Die ePA ist nur eingeschränkt nutzbar und das Anmeldeverfahren über die Krankenkasse ist zu komplex.
- Kartenterminals und Konnektoren verteuern unnötigerweise die Digitalisierung und führen zu Abstürzen der Praxisverwaltungssysteme.
- Die sachgerechte Datennutzung gelingt nur im Ausnahmefall und mit unverhältnismäßigem Aufwand. Es gibt zu viele technische und bürokratische Hürden.
- Kontra (kein Risiko): Prof. Ulrich Kelber
- Zentrale Datenbanken mit Patientendaten können die Digitalisierung mglw. beschleunigen, aber sie wecken Begehrlichkeiten: Gefährdung der Patientenrechte, Datenlecks, Hackerangriffe, interne Missbräuche, technische Pannen.
Keine einzige Maßnahme der Bundesregierung zur Pandemiebekämpfung ist am Datenschutz gescheitert.
- Die über viele Jahre verschlafene Digitalisierung kann nicht dem Datenschutz angelastet werden.
Vorteile und Nachteile
Vorteile | Nachteile |
---|---|
Zeitersparnis, da Sortier- und Schreibaufwand entfällt | Cyberattacken und Hackerangriffe können nicht gänzlich ausgeschlossen werden (Datenverlust) |
Einsparung von Lohn- und Materialkosten | Neues Wissen muss zusätzlich zum regulären Praxisbetrieb aufgebaut werden |
Automatisierte Zuweisung von Röntgen- oder Ultraschallbildern zur elektronischen Patientenakte per DICOM-Standard | Ggf. muss veraltete Hardware aufgerüstet werden, was zusätzliche Kosten verursacht |
Höherer Patientendurchsatz und damit eine Steigerung des Umsatzes | |
Einsparung von Zeit durch digitale Unterschrift/Signatur | |
Reduzierung der Wartezeit durch Online-Terminbuchung | |
Elementar wichtig bei der Patientenakquise |
Fördermittel für Investitionen in die Digitalisierung
Die Digitalisierung der Arztpraxis wird durch den Bund und die Länder durch verschiedene Fördermittel unterstützt. Informieren Sie sich hier detaillierter über die Förderung der Arztpraxis.
Damit Ihre Arztpraxis die Förderung erhält, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Dazu gehört bspw. das De-minimis-Verfahren, das besagt, dass Unternehmen innerhalb des laufenden und den zwei vorangegangenen Jahren nicht mehr als 200.000 € derartiger Förderungen erhalten dürfen. Bedenken Sie auch, dass u. a. Standardsoftware und Standardhardware, Praxismarketing-Maßnahmen, Eigenleistung und Personalkosten oder Rechts- / Steuer- / Förderberaterkosten nicht förderfähig sind.