Was ist Speckle-Tracking?

Speckle Tracking ist eine fortschrittliche Technik in der medizinischen Bildgebung, die insbesondere in der Echokardiographie (Herzultraschall) Anwendung findet. Diese Methode ermöglicht es, die Bewegung und Deformation (Verformung) des Herzmuskels während des Herzzyklus präzise zu analysieren, indem sie die natürlichen Marker oder „Speckles“ verfolgt, die im Ultraschallbild des Herzmuskels sichtbar sind.

Wie funktioniert Speckle-Tracking?

Bildakquisition

Die Bildakquisition für die Speckle-Tracking-Echokardiographie (STE) beginnt mit der Aufnahme eines standardmäßigen Ultraschallbildes des Herzens. Diese initialen Bilder sind essenziell, da sie das Herz in Aktion zeigen und charakteristische, zufällig verteilte helle und dunkle Muster enthalten, die als Speckles bekannt sind. Diese Speckles, die durch die Interferenz der Ultraschallwellen mit den Mikrostrukturen des Gewebes entstehen, sind der Schlüssel zur Analyse der Myokarddeformation mittels STE.

Die Qualität dieser Graustufenbilder ist von entscheidender Bedeutung für die Genauigkeit der Speckle-Tracking-Analyse. Um eine umfassende Analyse der Myokarddeformation zu ermöglichen, sind Bilder aus verschiedenen Ansichten des Herzens erforderlich:

  • Längsdehnungsmessung: Erfordert Bilder aus apikalen Vier-, Zwei- und Dreikammeransichten.
  • Radiale und zirkuläre Dehnungsmessung: Benötigt Kurzachsenansichten auf basaler, mittlerer und apikaler Ebene.
  • LV-Rotation und -Torsion: Basieren auf basalen und apikalen Kurzachsenbildern.

Um die Bildqualität zu maximieren, sollten die Verstärkungseinstellungen optimiert und die Bildtiefe angepasst werden, sodass der linke Ventrikel (LV) den größten Teil des Bildsektors einnimmt. Eine Bildrate zwischen 30 und 70 Bildern pro Sekunde ist ideal, um eine präzise Verfolgung der Speckles zu gewährleisten und gleichzeitig eine hohe räumliche Auflösung der Bilder zu erhalten. EKG-Gating ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Bildakquisition, da es eine konsistente Bildqualität über den gesamten Herzzyklus hinweg sicherstellt. Es wird empfohlen, für jede Bildschleife mindestens drei Herzzyklen aufzunehmen und die Aufnahmen bei angehaltenem Atem durchzuführen, um Atemartefakte zu minimieren und die Genauigkeit der Speckle-Tracking-Analyse zu optimieren.

Die 3-dimensionale Speckle-Tracking-Echokardiografie (3D-STE) ist eine fortschrittliche Entwicklung der zweidimensionalen Speckle-Tracking-Echokardiografie (2D-STE), die sich allerdings noch in einem frühen Entwicklungsstadium befindet. Diese Technologie ermöglicht eine detaillierte Untersuchung der Verdrehung und Rotation einzelner Herzsegmente, welche signifikant die globale systolische und diastolische Funktion des Herzens beeinflussen. Obwohl erste 3D-Strain-Verfahren bereits zu Forschungszwecken eingesetzt werden, müssen sie noch gründlich evaluiert werden. Aufgrund ihrer Komplexität und methodischen Einschränkungen finden sie im klinischen Alltag bisher keine Anwendung.

Bildanalyse

Nach der Übertragung der Ultraschallbilder auf eine Workstation beginnt die Analyse mit der Speckle-Tracking-Software. Die Software erkennt und markiert diese Speckles innerhalb des untersuchten Herzmuskelbereichs. Durch die Verfolgung dieser Speckles über aufeinanderfolgende Bilder eines Herzzyklus hinweg können Veränderungen in der Länge und Dicke der Herzmuskelabschnitte erfasst werden, was als „Strain“ bezeichnet wird. Dieser Prozess beginnt typischerweise mit dem apikalen Längsachsenbild, um die Bewegung der Aortenklappensegel für die Timing-Analyse des Aortenklappenverschlusses zu nutzen.

Die Analyse der Myokardbewegung basiert auf der Verfolgung der Speckles von Bild zu Bild, wodurch die Richtung und Geschwindigkeit der Gewebebewegung bestimmt werden können. Die Software generiert daraufhin Dehnungskurven für segmentale und globale Längsdehnung sowie für radiale und zirkuläre Dehnung, die eine quantitative Bewertung der Herzfunktion ermöglichen.

Interpretation

Die Interpretation der durch STE gewonnenen Daten wird durch physiologische Bedingungen und technische Aspekte der Bildaufnahme beeinflusst. Unterschiede zwischen den Ultraschallsystemen bedeuten, dass Messungen nicht direkt vergleichbar sind. Die Längsdehnung gilt als der reproduzierbarste Parameter, mit einem normalen Bereich für die globale Längsdehnung (GLS) von etwa -16 bis -18 %. Radial- und Umfangsdehnung sowie Rotation und Torsion zeigen eine größere Variabilität in ihren Messwerten.

Speckle-Tracking, insbesondere durch die Nutzung von Graustufenbildern, ist eine technische Innovation, die eine winkelunabhängige und umfassende Bewertung der myokardialen Deformation ermöglicht. Im Vergleich zu traditionellen Methoden, die auf Doppler-Ultraschall basieren, bietet Speckle-Tracking eine präzisere und detailliertere Analyse der Herzfunktion. Diese Technik überwindet viele der Einschränkungen der LVEF-Messung (linksventrikuläre Ejektionsfraktion), indem sie direkte Einblicke in die myokardiale Kontraktilität bietet und somit subtile Veränderungen in der Kontraktilität erkennen kann, die für die frühzeitige Erkennung subklinischer Myokardschäden entscheidend sind.

Anwendungen des Speckle Tracking in der Kardiologie

In der Kardiologie wird Speckle Tracking vor allem zur Bewertung der links- und rechtsventrikulären Funktion verwendet. Es ermöglicht die Erkennung subtiler Veränderungen in der Myokardbewegung, die bei herkömmlichen bildgebenden Verfahren möglicherweise nicht sichtbar sind. Dies ist besonders wertvoll für die Früherkennung von kardialen Dysfunktionen, bevor signifikante Symptome auftreten.

Anwendungsbereiche umfassen

  • Bewertung der systolischen und diastolischen Funktion: STE kann die Myokarddeformation quantifizieren, was eine detaillierte Einschätzung der Pumpfunktion des Herzens ermöglicht.
  • Erkennung von Herzinsuffizienz: Durch die Analyse der Myokarddeformation kann STE frühzeitig Anzeichen einer Herzinsuffizienz identifizieren, selbst wenn die Ejektionsfraktion noch normal ist.
  • Amyloidose: Bei der Amyloidose, einer Erkrankung, die durch die Ansammlung abnormaler Proteine im Herzmuskel gekennzeichnet ist, erweist sich das Speckle-Tracking als unverzichtbares diagnostisches Verfahren. Es erkennt frühzeitig, wie Amyloidablagerungen die myokardiale Deformität und somit die Herzfunktion beeinträchtigen, indem es subtile Veränderungen aufdeckt, die herkömmlichen echokardiographischen Verfahren möglicherweise entgehen.
  • Überwachung der Herzgesundheit bei Chemotherapie-Patienten: Bestimmte Chemotherapeutika können kardiotoxisch sein. STE ermöglicht eine frühzeitige Erkennung von Veränderungen in der Herzfunktion, was eine rechtzeitige Anpassung der Therapie erlaubt.
  • Beurteilung der Herzfunktion bei Hypertonie: Langjährige Hypertonie kann zu einer Versteifung des Herzmuskels führen. STE hilft, diese Veränderungen frühzeitig zu erkennen.

Bedeutung für die personalisierte Medizin und Patientenüberwachung

Speckle Tracking trägt erheblich zur personalisierten Medizin bei, indem es eine individuelle Beurteilung der Herzfunktion ermöglicht. Diese Technik unterstützt die Entwicklung maßgeschneiderter Behandlungspläne, die auf die spezifischen Bedürfnisse und Risikoprofile der Patienten abgestimmt sind. Durch die frühzeitige Erkennung von Herzerkrankungen und die Überwachung der Therapieeffekte bietet STE die Möglichkeit, die Behandlungsergebnisse zu verbessern und die Lebensqualität der Patienten zu erhöhen.

In der Patientenüberwachung ermöglicht Speckle Tracking eine kontinuierliche Bewertung der Herzfunktion, was besonders wichtig für Patienten mit chronischen Erkrankungen oder jene, die eine potenziell kardiotoxische Therapie erhalten, ist. Die Technik bietet eine nicht-invasive, kosteneffiziente und präzise Methode, um die Herzgesundheit zu überwachen und rechtzeitig auf Veränderungen zu reagieren.

Normwerte

Studie Jahr Land GLS (%) GRS (%) GCS (%) Gerätehersteller Ultraschallgerät Softwareart Softwareversion
Marwick [3] 2009 diverse − 18,6 ± 5,1 GE Vivid 7 Echopac 6
Dalen [4] 2010 Norwegen − 18,4 ± 5,9 GE Vivid 7 Echopac BT 09
Reckefuß [5] 2010 Deutschland − 20,6 ± 2,6 48,2 ± 13,81 GE Vivid 7 Echopac 6
Takigiku [6] 2012 Japan − 21,3 ± 2,1 54,6 ± 12,6 − 22,8 ± 2,9 GE Vivid 7/E9 Echopac 110.1.3
− 18,9 ± 2,5 36,3 ± 8,2 − 22,2 ± 3,2 Philips iE33 QLAB 7.1
− 19,9 ± 2,4 51,4 ± 8,0 30,5 ± 3,8 Toshiba Artida/Aplio Ultra-Extend
Yingchoncharoen [7] 2013 diverse − 19,7 47,3 − 23,3 diverse diverse diverse diverse
Moreira [8] 2017 USA − 16,4 ± 2,02 36,6 ± 11,0 − 15,7 ± 2,6 Toshiba Artida 2D WMT 3.0
Darstellung einiger Studien mit Normalwerten von globalen Strain-Parametern | Quelle: thieme-connect.com
Definitionsgemäß werden die Strain-Werte in Prozent angegeben, wobei der longitudinale und der zirkumferenzielle Strain ein negatives Vorzeichen erhalten (Verkürzung) und der radiale Strain ein positives (Verdickung). Angaben jeweils in Mittelwert ± Standardabweichung (soweit verfügbar). GLS: globaler longitudinaler Strain, GRS: globaler radialer Strain, GCS: globaler zirkumferenzieller Strain, 1 GRS nur aus Kurzachsensicht auf Papillarmuskelebene berechnet, 2 GLS nur aus 2- und 4-Kammer-Ansicht berechnet.

Speckle-Tracking Abrechnung nach GOÄ

Da im aktuellen Gebührenverzeichnis der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) keine spezifischen Gebührenpositionen für das Speckle-Tracking-Verfahren vorhanden sind, wird eine Analogabrechnung empfohlen. Dies bedeutet, dass Ärzte eine ähnliche Leistung im Gebührenverzeichnis identifizieren müssen, die in Art, Kosten- und Zeitaufwand vergleichbar ist, um eine adäquate Abrechnung zu ermöglichen.

Für das Speckle-Tracking-Verfahren bei Echokardiografien, gegebenenfalls einschließlich einer 3-D-Darstellung, empfiehlt die Bundesärztekammer eine Abrechnung analog zur Nummer 5139 GOÄ. Diese Nummer bezieht sich auf „Teil der Brustorgane“ und ist mit 180 Punkten bewertet. Die Gebührenstaffelung für diese Leistung liegt bei einem 1,0-fachen Satz bei 10,49 Euro, bei einem 1,8-fachen Satz bei 18,89 Euro und bei einem 2,5-fachen Satz bei 26,23 Euro.

Diese Analogzuschläge nach Nummer 5139 GOÄ sind einmal je Sitzung berechnungsfähig. Eine wichtige Voraussetzung für die Abrechnung ist, dass die Anwendung des Speckle-Tracking-Verfahrens in der Rechnung medizinisch begründet wird. Es ist darauf hinzuweisen, dass bei einer ergänzenden 3-D-Darstellung im Rahmen des Speckle Trackings keine zusätzliche Zuschlagsposition nach Nummer 5121 GOÄ für Ultraschalluntersuchungen im 3-D- oder 4-D-Verfahren analog angesetzt werden kann. Der durch die 3-D-Darstellung bedingte erhöhte Aufwand sollte vielmehr bei der Wahl eines geeigneten GOÄ-Steigerungsfaktors berücksichtigt werden.

Leistungsbeschreibung GOÄ-Ziffer Punktzahl Einfachsatz Regelhöchstsatz Höchstsatz
Teil der Brustorgane 5139 180 10,49 € 18,89 € 26,23 €
ergänzende Ebene(n) 5121 140 8,16 € 14,69 € 20,40 €
Speckle-Tracking-Abrechnung nach GOÄ.

Welche Ultraschallgeräte unterstützen Speckle-Tracking?

Verschiedene Hersteller bieten Ultraschallgeräte und zugehörige Software für die Durchführung der Speckle-Tracking Echokardiographie an. Diese Geräte variieren in ihren spezifischen Funktionen, der Benutzerfreundlichkeit und der Präzision der Datenerfassung und -analyse. Zu den führenden Anbietern gehören:

Hersteller Ultraschallgerät (Beispiel) Softwarename
Epsilon EchoInsight
General Electric Vivid E95 EchoPac
Hitachi-Aloka ARIETTA 850 2D Tissue Tracking
Philips EPIQ CVx QLAB
Samsung Medison HS70A
Siemens ACUSON S2000 HELX Syngo Velocity Vector Imaging
TomTec TOMTEC-ARENA
Toshiba/Canon Aplio i900 Wall Motion Tracking
Ultraschallgeräte mit Speckle-Tracking-Bildgebung

Diese Geräte und Softwarelösungen bieten unterschiedliche Funktionen zur Unterstützung der STE, einschließlich automatisierter Tracking-Algorithmen, die eine effiziente und genaue Analyse der myokardialen Deformation ermöglichen.

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Welche Alternativen gibt es zum Speckle-Tracking?

Alternativen zum Speckle-Tracking sind die kardiale Magnetresonanztomografie (kMRT) und die Gewebe-Doppler-Bildgebung (TDI).

Kardiale Magnetresonanztomografie (kMRT)

Die Deformationsanalyse mittels kardialer MRT-Untersuchungsprotokolle wurde von vielen Forschern zunächst als „Goldstandard“ angesehen. Allerdings ist das Verfahren für die meisten Intensivpatienten ungeeignet, da es den Transport des Patienten erfordert, potenziell verängstigend und lang dauernd ist, eine geringe räumliche Auflösung aufweist und eine aufwendige Auswertung benötigt.

Die Speckle-Tracking Echokardiographie wurde durch experimentelle Versuche und im Vergleich zu MRT-basierten Messungen sehr gut validiert und weist eine gute Reproduzierbarkeit auf, die viele konventionelle echokardiografische Parameter übertrifft. Die STE ist prinzipiell winkelunabhängig und in der Lage, auch jene Segmente zu erkennen, in denen keine Längenänderung stattfindet. Mittlerweile ist die STE-Analyse auf vielen (kardiologischen) Ultraschallgeräten bzw. mittels separat erhältlicher Computer-Software verfügbar, sodass auch bettseitige Untersuchungen auf der Intensivstation möglich sind.

Gewebe-Doppler-Bildgebung (TDI)

Das Tissue Doppler Imaging war in der Vergangenheit das Verfahren der Wahl, bevor die Speckle-Tracking Echokardiographie populär wurde. Sie ist auf vielen echokardiografischen Geräten verfügbar und bietet eine hohe zeitliche Auflösung. Allerdings sind für die korrekte Untersuchung sehr hohe Bildwiederholraten (> 150 Bilder/Sekunde) nötig. Das Verfahren ist stark winkelabhängig, ermöglicht die Deformationsanalyse nur in einer Dimension, ist technisch und zeitlich herausfordernd und nur mäßig reproduzierbar. Avitale Bereiche, die durch Zugkräfte von Nachbarsegmenten passiv mitbewegt werden (sog. „tethering“), können nicht sicher erkannt werden.

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Quellen:

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Autor: Nils Buske, zuletzt aktualisiert am