Inhaltsverzeichnis
Was bedeutet Patientensicherheit?
Patientensicherheit bezieht sich auf die Gestaltung von Prozessen im Gesundheitswesen mit dem Ziel, Fehler sowie kritische und unerwünschte Ereignisse zu vermeiden. Das primäre Ziel besteht darin, Patientinnen und Patienten vor vermeidbaren gesundheitlichen Schäden zu schützen, die nicht durch die zugrunde liegende Erkrankung, sondern durch die gesundheitliche Versorgung selbst verursacht werden.
Die im APS-Weißbuch Patientensicherheit vorgenommene, umfassende Definition lautet:
Patientensicherheit ist das aus der Perspektive der Patienten bestimmte Maß, in dem handelnde Personen, Berufsgruppen, Teams, Organisationen, Verbände und das Gesundheitssystem
[Schrappe 2018, S. 524]
einen Zustand aufweisen, in dem unerwünschte Ereignisse selten auftreten, Sicherheitsverhalten gefördert wird und Risiken beherrscht werden, über die Eigenschaft verfügen, Sicherheit als erstrebenswertes Ziel zu erkennen und realistische Optionen zur Verbesserung umzusetzen, und
in der Lage sind, ihre Innovationskompetenz in den Dienst der Verwirklichung von Sicherheit zu stellen.
Laut WHO ist Patientensicherheit:
Ein Rahmen organisierter Aktivitäten, die Kulturen, Prozesse, Verfahren, Verhaltensweisen, Technologien und Umgebungen in der Gesundheitsversorgung schaffen, welche beständig und nachhaltig Risiken senken, das Auftreten vermeidbarer Schäden reduzieren, Fehler unwahrscheinlicher machen und die Auswirkungen von eintretenden Schäden verringern.
WHO
Wie wird Patientensicherheit im deutschen Gesundheitswesen gewährleistet?
Jede Arztpraxis und jedes Krankenhaus ist verpflichtet, ein Qualitätsmanagementsystem zu implementieren, das unter anderem der Gewährleistung der Patientensicherheit dient. Gesetzliche Vorgaben und Qualitätsstandards schaffen die Grundlage, doch entscheidend ist die systematische Prozessgestaltung, die Fehlerprävention und kontinuierliche Verbesserung zum Ziel hat.
Ein zentraler Baustein ist die Gefährdungsbeurteilung, die potenzielle Risiken strukturiert erfasst und bewertet, um präventive Maßnahmen abzuleiten.
Der hohe Stellenwert der Patientensicherheit wird besonders am Tag der Patientensicherheit deutlich, einem jährlich stattfindenden Aktionstag, der auf die Bedeutung von Sicherheit und Qualität in der Gesundheitsversorgung aufmerksam macht. Initiiert von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und in Deutschland durch das Aktionsbündnis Patientensicherheit unterstützt, zielt dieser Tag darauf ab, das Bewusstsein für Risiken im Gesundheitswesen zu schärfen und Maßnahmen zur Fehlervermeidung zu fördern. Durch Aktionen, Informationsveranstaltungen und Kampagnen sollen sowohl Fachkräfte als auch Patienten für eine sichere Gesundheitsversorgung sensibilisiert werden.
Trotz der nachfolgenden Darstellung zentraler Maßnahmen zur Gewährleistung der Patientensicherheit kann dieser Text nicht alle Aspekte vollständig abbilden.
Hygiene und Infektionsschutz
Krankenhaushygiene und Infektionsschutz dienen dem Ziel, Patienten vor Infektionen zu schützen – insbesondere vor Krankenhausinfektionen (nosokomialen Infektionen) und der Übertragung gefährlicher Erreger.
Im Gesundheitswesen kommen viele Menschen mit geschwächtem Immunsystem zusammen; zudem begünstigen invasive Eingriffe (Operationen, Katheter etc.) das Einschleppen von Keimen. Daher sind strenge Hygieneprotokolle essentiell: Regelmäßige Händedesinfektion des Personals (hierzu läuft seit 2008 die bundesweite „Aktion Saubere Hände“ zur Förderung der Händehygiene), Reinigung, Desinfektion und Sterilisation von Instrumenten und Medizinprodukten, Reinigung und Desinfektion von Flächen, sowie Isolierungsmaßnahmen bei infektiösen Patienten.
- Krankenhäuser und Arztpraxen erstellen verbindliche Hygienepläne, schulen Mitarbeiter in Infektionsprävention und beschäftigen speziell geschultes Personal (Krankenhaushygieniker, Hygienebeauftragte MFA).
- Überwachungssysteme wie das freiwillige Krankenhaus-Infektions-Surveillance-System (KISS) ermöglichen es Kliniken, Infektionsraten und Erregerdaten zu erfassen und mit Referenzwerten zu vergleichen. Ein zentrales Problem sind multiresistente Erreger (z. B. MRSA), deren Ausbreitung durch konsequente Hygienemaßnahmen und einen sorgfältigen Antibiotikaeinsatz eingedämmt werden soll.
- Nationale Strategien wie die Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie (DART 2030) bündeln Maßnahmen zur Reduktion von Antibiotikaresistenzen.
Insgesamt trägt konsequente Hygiene direkt zur Patientensicherheit bei, da sie verhindert, dass Patienten sich im Zuge der Behandlung zusätzliche, potenziell gefährliche Infektionen zuziehen.
Zentrales Regelwerk ist das Infektionsschutzgesetz (IfSG). Es verpflichtet medizinische Einrichtungen, Infektionen zu verhüten und auszubrechen Infektionsketten zu bekämpfen. Konkret schreibt § 23 IfSG Krankenhäusern und Arztpraxen vor, ein umfassendes Hygienemanagement zu betreiben. Das Gesetz macht Vorgaben für die infektionshygienische Überwachung (z. B. regelmäßige Erfassung von Wundinfektionen oder Katheterinfektionen) und die Dokumentation nosokomialer Infektionen sowie des Antibiotikaverbrauchs. Bestimmte Infektionen und Ausbrüche müssen den Gesundheitsämtern gemeldet werden.
Das IfSG ermächtigt außerdem das Robert Koch-Institut (RKI), Empfehlungen zu erarbeiten: Die beim RKI angesiedelte Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) gibt evidenzbasierte Richtlinien zur Prävention nosokomialer Infektionen und zu organisatorischen sowie baulichen Hygienemaßnahmen heraus. Diese KRINKO-Empfehlungen haben faktisch bindenden Charakter für medizinische Einrichtungen, da sie den anerkannten Stand der Medizin repräsentieren – bei Abweichungen muss eine gleichwertige Sicherheit nachgewiesen werden.
Ergänzend regelt die Kommission Antiinfektiva, Resistenz und Therapie (ART) am RKI den rationalen Antibiotikaeinsatz. Auf Landesebene wurden Hygiene-Verordnungen erlassen, die z. B. Mindestpersonal in Hygieneteams festlegen (abhängig von Bettengröße der Klinik) und weitere Detailanforderungen enthalten. Bei Verstößen gegen Hygienepflichten drohen Sanktionen bis hin zu Betriebsschließungen.
Zusammengefasst bietet das IfSG mit seinen Verordnungen ein strenges Gerüst: Von der Prävention über Surveillance bis zur Meldepflicht ist rechtlich vorgegeben, wie Gesundheitseinrichtungen Infektionsrisiken minimieren müssen. Dies schützt Patienten vor vermeidbaren Ansteckungen und schafft Transparenz über das Infektionsgeschehen.
Kommunikation
Kommunikation im Gesundheitswesen – sowohl zwischen medizinischem Personal untereinander als auch das Gespräch zwischen Arzt und Patient – ist ein Schlüsselfaktor für Patientensicherheit.
Viele Zwischenfälle und Fehler entstehen durch Informationsverluste oder Missverständnisse. Eine sichere Teamkommunikation umfasst z. B. klare mündliche Absprachen, standardisierte Übergaben und die lückenlose Weitergabe wichtiger Informationen (etwa Allergien oder aktuelle Medikamente eines Patienten). Krankenhäuser implementieren hierfür häufig Übergabe- oder Schichtwechsel-Protokolle und schulen ihr Personal in Kommunikationstechniken (wie der SBAR-Methode, die Situation, Background, Assessment, Recommendation abdeckt).
Auch Check-outs am OP-Ende oder Team-Besprechungen auf Intensivstationen dienen dazu, gemeinsam den Patientenstatus zu verifizieren. Für die Kommunikation mit Patienten selbst besteht eine gesetzliche Aufklärungs- und Informationspflicht: Ärztinnen und Ärzte müssen Patienten in verständlicher Weise über Diagnose, geplante Therapien, Risiken und Alternativen informieren (vgl. § 630e BGB). Nur wenn der Patient gut informiert ist, kann er in eine Behandlung wirksam einwilligen – dies ist sowohl ein Patientenrecht als auch ein Sicherheitsaspekt, da Missverständnisse (etwa zu Medikamenteneinnahmen oder Nachsorgeanweisungen) vermieden werden.
Das 2013 eingeführte Patientenrechtegesetz betont die verständliche Aufklärung und verlangt vom Behandelnden, sich zu vergewissern, dass der Patient alles Relevante verstanden hat. Bei Sprachbarrieren sollen Dolmetscher hinzugezogen werden. Ferner haben Patienten das Recht, Fragen zu stellen und eine zweite Meinung einzuholen, was die Transparenz erhöht. Gute Kommunikation schafft ein Vertrauensverhältnis, in dem Patienten z. B. auch eher Unsicherheiten oder beginnende Symptome melden – dadurch können Komplikationen früher erkannt werden.
Rechtlich ist verankert, dass eine unterlassene oder unzureichende Aufklärung im Schadensfall zu Beweislastumkehr führen kann (§ 630h BGB), was die Ärzteschaft motiviert, diesem Sicherheitsaspekt größte Sorgfalt zu widmen.
Zusammenfassend ist klare, empathische und vollständige Kommunikation ein „weiches“, aber entscheidendes Element der Patientensicherheit.
Dokumentation
Dokumentation bezeichnet die schriftliche oder digitale Aufzeichnung aller für die Behandlung wichtigen Informationen – z. B. Anamnese, Diagnosen, Untersuchungsbefunde, Medikamentengaben, Eingriffe, Aufklärungen und Einwilligungen. Eine lückenlose und genaue Dokumentation ist unerlässlich, um den Behandlungsverlauf nachvollziehbar zu halten und Informationsverluste zu vermeiden.
Im Krankenhaus stellt die Patientendokumentation sicher, dass im Schichtbetrieb oder bei Verlegungen jeder beteiligte Arzt/Pfleger den aktuellen Stand kennt. Beispielsweise werden Medikamentengaben auf Kurven dokumentiert, so dass Über- oder Unterdosierungen verhindert werden. Auch spätere behandelnde Ärzte (z. B. der Hausarzt nach Entlassung) sind auf gute Dokumentation angewiesen, um die Therapie sicher weiterzuführen.
Gesetzlich ist die Dokumentationspflicht seit dem Patientenrechtegesetz ausdrücklich normiert: § 630f BGB verpflichtet alle Behandelnden, eine Patientenakte zu führen und alle wesentlichen Maßnahmen und ihre Ergebnisse zeitnah aufzuzeichnen. Unterlassene Dokumentation wird rechtlich so bewertet, als sei die Maßnahme nicht durchgeführt worden. Damit besteht ein starker Anreiz zur Sorgfalt.
Darüber hinaus regeln Berufsordnungen der Heilberufe und Krankenhausgesetze der Länder die Dokumentation (z. B. Aufbewahrungsfristen für Patientenakten – mindestens 10 Jahre in der Regel). In Bezug auf Patientensicherheit trägt eine gute Dokumentation dazu bei, Fehler durch Informationslücken zu verhindern. Sie ermöglicht es auch, im Fehlerfall die Ursachen nachzuvollziehen.
Moderne elektronische Patientenakten und Klinik-Informationssysteme unterstützen die Sicherheit, indem sie Schrift unmissverständlich machen und z. T. automatische Warnungen geben (etwa bei Allergien oder Wechselwirkungen, sobald etwas dokumentiert wird).
Patienten haben zudem ein Einsichtsrecht in ihre Akten (§ 630g BGB), was Transparenz schafft und Vertrauen fördert. Insgesamt ist die Dokumentation ein meist unsichtbarer, aber fundamentaler Pfeiler der Patientensicherheit.
Fehlermanagement und Sicherheitskultur
Ein proaktives Fehlermanagement ist kennzeichnend für ein lernendes Gesundheitssystem. Da trotz aller Prävention nie gänzlich auszuschließen ist, dass Fehler passieren, kommt es darauf an, wie Einrichtungen damit umgehen. In der Vergangenheit wurden medizinische Fehler oft tabuisiert; heute weiß man, dass eine offene Fehlerkultur die Sicherheit verbessert.
Critical Incident Reporting Systeme (CIRS) sind ein zentrales Werkzeug: Mitarbeiter können kritische Ereignisse oder Beinahe-Fehler anonym melden, damit andere daraus lernen. Solche Berichte (etwa: „Beinahe-Verwechslung von Medikament X und Y wegen ähnlicher Verpackung“) werden gesammelt und ausgewertet, um systematische Schwachstellen aufzudecken.
Das Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) betreibt eine deutschlandweite CIRS-Plattform, auf die viele Krankenhäuser zugreifen. Seit einigen Jahren wird die Einführung von Fehlermeldesystemen auch politisch gefördert: So erhalten Krankenhäuser, die an einrichtungsübergreifenden CIRS teilnehmen, finanzielle Zuschläge im Vergütungssystem. Dies wurde mit dem Krankenhausstrukturgesetz und per G-BA-Richtlinie initiiert. Zudem sind alle Arztpraxen und Krankenhäuser verpflichtet, ein Risiko- und Fehlermanagement als Teil ihres Qualitätsmanagements zu etablieren. Der G-BA hat Mindeststandards für ein solches Fehlermanagement festgelegte, etwa regelmäßige Morbiditäts- und Mortalitätskonferenzen oder die Benennung eines klinikinternen Risiko-Beauftragten.
Wichtig ist auch das Beschwerdemanagement aus Patientensicht: Krankenhäuser müssen Beschwerden von Patienten auswerten und daraus Verbesserungen ableiten. Seit dem Patientenrechtegesetz 2013 ist ein patientenorientiertes Beschwerdemanagement in Kliniken Pflicht. Patienten können sich z. B. an Beschwerdestellen oder unabhängige Patientenfürsprecher wenden. Die Kliniken sind angehalten, jede Beschwerde zeitnah und transparent zu bearbeiten und den Patienten über das Ergebnis zu informieren. Gesetzlich verankert ist dies in § 135a SGB V.
Schließlich spielen auch Haftpflichtfälle eine Rolle im Fehlermanagement: Haftpflichtversicherer und Gutachterkommissionen analysieren Behandlungsfehler und geben Empfehlungen, wie solche in Zukunft vermieden werden können. Insgesamt fördert die deutsche Gesetzgebung einen offenen Umgang mit Fehlern, um daraus zu lernen – getreu dem Motto „Fehlervermeidung vor Fehlerverdeckung“. Eine gelebte Sicherheitskultur ermutigt Mitarbeiter, Risiken anzusprechen, und nutzt Fehlerberichte systematisch zur Verbesserung von Prozessen, was langfristig die Patientensicherheit steigert.
Arzneimitteltherapiesicherheit
Unter Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) versteht man die Gesamtheit aller Maßnahmen, um einen optimalen Medikationsprozess zu gewährleisten und Medikationsfehler sowie vermeidbare Risiken für Patienten zu verringern, so die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft.
Dies umfasst z. B. die sorgfältige Verordnung von Medikamenten, die korrekte Abgabe in der Apotheke, verständliche Informationen für Patienten und die engmaschige Überwachung von Wirkung und Nebenwirkungen. Eine hohe AMTS soll verhindern, dass Patienten durch falsche Dosierungen, Wechselwirkungen oder Verwechslungen zu Schaden kommen. Praktische Sicherheitsmaßnahmen sind etwa Doppelkontrollen bei der Arzneimittelverordnung, elektronische Arzneimittel-Datenbanken zur Interaktionsprüfung oder standardisierte Medikationspläne.
Seit Oktober 2016 haben gesetzlich Versicherte mit dauerhaft mindestens drei verordneten Arzneimitteln Anspruch auf einen bundeseinheitlichen Medikationsplan in Papierform. Dieser vom Arzt erstellte Plan listet alle Medikamente und Dosierungen übersichtlich auf und wird bei Bedarf aktualisiert, was die Transparenz erhöht und Wechselwirkungsrisiken reduziert. Insgesamt trägt eine enge Zusammenarbeit von Ärzten, Apothekern und Pflegekräften zur AMTS bei – z. B. beim Abgleichen der Medikation bei Aufnahme oder Entlassung eines Patienten (sogenannte Medikationsrekonziliation).
Die Sicherheit von Arzneimitteln ist in Deutschland vor allem durch das Arzneimittelgesetz (AMG) gewährleistet. Das AMG regelt die Entwicklung, Zulassung, Herstellung, Überwachung und Abgabe von Medikamenten. Dadurch stellt es sicher, dass nur qualitativ hochwertige, wirksame und sichere Arzneimittel in den Verkehr gelangen. Hersteller müssen strenge Prüfungen und Studien vorlegen; zudem gibt es ein behördliches Pharmakovigilanz-System, das Meldungen über Nebenwirkungen oder Fehler sammelt, um Risiken frühzeitig zu erkennen.
Ergänzend sorgen sozialrechtliche Vorgaben für sichere Arzneimitteltherapie: So legt etwa die Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) fest, welche Medikamente zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden dürfen und unter welchen Bedingungen – dies fördert eine zweckmäßige und sichere Verordnungspraxis. Über § 31 SGB V (Arzneimittelversorgung) und Qualitätssicherungs-Vorgaben nach § 135a SGB V sind Vertragsärzte verpflichtet, an Maßnahmen zur Arzneimitteltherapiesicherheit mitzuwirken.
Ein Beispiel ist der oben genannte bundeseinheitliche Medikationsplan, der durch das E-Health-Gesetz (2015) in § 31a SGB V verankert wurde. Auch Apotheken sind durch die Apothekenbetriebsordnung verpflichtet, jede Verschreibung auf Plausibilität zu prüfen (Dosierung, Wechselwirkungen etc.) und Patienten zu beraten. Somit greifen im Bereich AMTS verschiedene Rechtsvorschriften ineinander, um Fehler bei der Medikamententherapie zu minimieren und Patienten bestmöglich zu schützen.
Barrierefreiheit
Barrierefreiheit bedeutet, dass Gesundheitsleistungen und -einrichtungen für alle Patienten gleichermaßen zugänglich und nutzbar sind – unabhängig von Behinderungen oder sprachlichen Verständnisschwierigkeiten. Konkret sollen bauliche, kommunikative und organisatorische Hindernisse abgebaut werden. Im Klinikalltag heißt das z. B.:
- Krankenhäuser und Arztpraxen verfügen über rollstuhlgerechte Eingänge, Aufzüge und Sanitäranlagen
- für sehbehinderte Menschen gibt es taktile Leitsysteme oder kontrastreiche Beschilderungen
- für hörbeeinträchtigte Patienten stehen Induktionsschleifen oder Gebärdensprachdolmetscher zur Verfügung
- auch Informationen – etwa Aufklärungsbögen oder Formulare – sollten in leichter Sprache oder Brailleschrift bereitgestellt werden, damit jeder Patient seine Behandlung versteht
- Barrierefreiheit in der Kommunikation umfasst zudem das Recht auf verständliche Erklärung medizinischer Sachverhalte durch das Personal.
All dies trägt zur Patientensicherheit bei, denn nur wer Zugang zur Versorgung hat und Inhalte versteht, kann sicher behandelt werden. In Deutschland ist leider noch nicht jede Praxis und jedes Krankenhaus vollständig barrierefrei, doch der Abbau dieser Defizite ist erklärtes gesundheitspolitisches Ziel.
Die Pflicht zur Barrierefreiheit im Gesundheitswesen leitet sich aus mehreren Rechtsquellen ab. Artikel 25 der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), die Deutschland ratifiziert hat, garantiert Menschen mit Behinderungen denselben Zugang zu Gesundheitsleistungen wie Nichtbehinderten.
Innerstaatlich verpflichtet § 17 Abs. 1 SGB I alle Leistungsträger (z. B. Krankenkassen, KVen) dazu, darauf hinzuwirken, dass Sozialleistungen in barrierefreien Räumlichkeiten erbracht werden. Dieser allgemeine Grundsatz gilt seit über 15 Jahren, ist aber in der Praxis noch nicht flächendeckend umgesetzt.
Speziell im Gesundheitssektor schreibt § 2a SGB V vor, dass den besonderen Belangen von Menschen mit Behinderung Rechnung zu tragen ist – das betrifft z. B. die Bedarfsplanung der Arztpraxen (ausreichend barrierefreie Praxen in der Region) und die Organisation der Versorgung.
Auch das 2002 erlassene Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) fordert Barrierefreiheit in öffentlich zugänglichen Einrichtungen und hat u. a. die Deutsche Gebärdensprache als offizielle Sprache anerkannt. Darauf basierend besteht für gesetzlich Versicherte mittlerweile die Möglichkeit, bei medizinisch notwendigen Leistungen einen Gebärdensprachdolmetscher einzubeziehen – die Kosten können von der Krankenkasse übernommen werden (Rahmenvereinbarungen nach § 17 Abs. 2 SGB I).
Ferner enthalten die Bauordnungen der Länder Vorgaben, wonach Neubauten – einschließlich Krankenhäusern – barrierefrei gestaltet sein müssen. Zusammenfassend stellen diese Regelungen sicher, dass bauliche und kommunikative Barrieren abgebaut werden, damit jede Patientin und jeder Patient Zugang zu sicherer medizinischer Versorgung hat.
Medizingerätesicherheit und Medizinprodukte-Betreiberverordnung
Die Sicherheit von Medizingeräten und Medizinprodukten ist ein zentraler Bestandteil der Patientensicherheit. Medizingeräte umfassen alle technischen Geräte, die zur Diagnose, Therapie oder Überwachung von Patienten eingesetzt werden – beispielsweise Beatmungsgeräte, Defibrillatoren, Infusionspumpen oder bildgebende Systeme wie MRT und CT.
Fehlerhafte Medizingeräte können erhebliche gesundheitliche Schäden verursachen. Daher sind sowohl Hersteller als auch Betreiber verpflichtet, die Sicherheit und Funktionstüchtigkeit ihrer Geräte jederzeit zu gewährleisten.
Wichtige Maßnahmen zur Gewährleistung der Medizingerätesicherheit umfassen:
- Geräteprüfung und Wartung: Regelmäßige sicherheitstechnische Kontrollen (STK) und messtechnische Kontrollen (MTK) gewährleisten, dass Geräte einwandfrei funktionieren.
- Einweisung und Schulung des Personals: Nur eingewiesenes Fachpersonal darf bestimmte Geräte bedienen, um Fehlanwendungen zu verhindern.
- Dokumentation und Meldepflicht: Jedes Vorkommnis, bei dem ein Gerät zu einer gesundheitlichen Gefährdung geführt hat, muss gemeldet werden.
- Risikomanagement: Systeme zur Erkennung von sicherheitsrelevanten Mängeln sind verpflichtend.
Wichtige gesetzliche Regelungen:
- Medizinproduktegesetz (MPG): Regelt die Anforderungen an die Sicherheit und Leistungsfähigkeit von Medizinprodukten. Nach der Ablösung durch die Medizinprodukteverordnung (MDR) wird dies durch das Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz (MPDG) ergänzt.
- Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV): Diese Verordnung konkretisiert die Pflichten der Betreiber von Medizinprodukten (z. B. Kliniken, Praxen, Pflegeeinrichtungen). Wichtige Vorgaben sind:
- Sicherheitstechnische Kontrollen (STK): Geräte, die sicherheitsrelevante Funktionen haben, müssen regelmäßig überprüft werden.
- Einweisungspflicht: Personal muss vor der erstmaligen Anwendung gründlich geschult werden.
- Betriebsbereitschaft: Medizingeräte müssen jederzeit funktionstüchtig und sicher sein.
- Meldepflichten: Störungen und Vorkommnisse mit Patientenbezug müssen unverzüglich an die zuständige Behörde gemeldet werden.
- Gerätebuch: Alle sicherheitsrelevanten Prüfungen und Einweisungen müssen schriftlich dokumentiert werden.
Die MPBetreibV verpflichtet die Betreiber zur Verantwortung für die Betriebssicherheit und zur ständigen Überprüfung des Gerätezustands. Durch diese gesetzlichen Anforderungen wird sichergestellt, dass die Nutzung von Medizinprodukten so sicher wie möglich gestaltet wird.
Zusammenfassend garantiert die MPBetreibV zusammen mit dem Medizinprodukterecht und den europäischen Vorgaben (MDR) einen hohen Sicherheitsstandard im Umgang mit Medizingeräten und bietet Patienten Schutz vor Gefahren durch defekte oder unsachgemäß verwendete Geräte.
Strahlenschutz
Das Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) schützt Patienten (sowie Personal und Umwelt) vor den schädlichen Wirkungen ionisierender Strahlung bei medizinischen Anwendungen. Gerade Röntgenuntersuchungen, CT-Scans oder Strahlentherapien sind wertvolle Werkzeuge, bergen aber Risiken durch Strahlenexposition.
Das StrlSchG fordert daher eine strikte Rechtfertigung jeder Strahlenanwendung: Vor jeder Untersuchung oder Behandlung mit Röntgenstrahlen oder radioaktiven Stoffen muss der Arzt Nutzen und Risiko abwägen und prüfen, ob eine gleichwertige Alternative ohne Strahlung (z. B. Ultraschall oder MRT) zur Verfügung steht. Ohne ausreichende Indikation darf keine Bestrahlung erfolgen (rechtfertigende Indikation).
Zudem gelten das ALARA-Prinzip (so geringe Dosis wie vernünftigerweise möglich) und detaillierte Durchführungsrichtlinien: Röntgengeräte müssen regelmäßig geprüft werden (Sachverständigenprüfung), Anwender brauchen einen Strahlenschutz-Fachkundenachweis, und es sind Dosisreferenzwerte definiert, deren Überschreitungen gemeldet werden.
Auch Röntgenräume unterliegen strengen Strahlenschutzanforderungen, um eine ungewollte Exposition außerhalb des Untersuchungsbereichs zu vermeiden.
Die Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) konkretisiert viele technische und organisatorische Details. Für Patienten bedeutet dies, dass sie nur der notwendigen Mindestdosis ausgesetzt werden und modernste Sicherheitsstandards eingehalten werden. Auch besondere Situationen regelt das StrlSchG, etwa den Strahlenschutz bei Schwangeren oder Kindern (besonders empfindliche Gruppen) – hier gelten erhöhte Schutzvorkehrungen.
Durch das Strahlenschutzrecht ist sichergestellt, dass der diagnostische und therapeutische Nutzen von Röntgen & Co. die Risiken deutlich überwiegt und dass Vorkommnisse (z. B. Verwechslung von Patienten bei einer Bestrahlung) extrem selten sind. So trägt das StrlSchG wesentlich zur Sicherheit bei radiologischen Verfahren bei.
Datenschutz und Informationssicherheit
Datenschutz und Informationssicherheit sind zentrale Bestandteile der Patientensicherheit im Gesundheitswesen. Die elektronische Verarbeitung von Gesundheitsdaten, die Nutzung digitaler Patientenakten und die zunehmende Vernetzung medizinischer Geräte und Systeme bergen Risiken für den Schutz sensibler personenbezogener Informationen.
Datenschutz in der Arztpraxis und im Krankenhaus bezieht sich auf den rechtmäßigen und vertraulichen Umgang mit personenbezogenen Gesundheitsdaten, während Informationssicherheit die technischen und organisatorischen Maßnahmen umfasst, die den Schutz dieser Daten gewährleisten.
Eine Verletzung des Datenschutzes – etwa durch unbefugten Zugriff auf Patientendaten – kann schwerwiegende Folgen haben, sowohl für die betroffenen Personen (Identitätsdiebstahl, Missbrauch sensibler Gesundheitsdaten) als auch für die Institutionen (rechtliche Konsequenzen, Imageverlust).
Wichtige Maßnahmen zur Gewährleistung der Datenschutz- und Informationssicherheit:
- Technische Schutzmaßnahmen:
- Verschlüsselung von Datenübertragungen (z. B. bei der elektronischen Patientenakte)
- Zugriffsberechtigungen und Authentifizierungsmechanismen (z. B. Zwei-Faktor-Authentifizierung)
- Regelmäßige Sicherheitsupdates und Patches für IT-Systeme
- Organisatorische Schutzmaßnahmen:
- Schulung des Personals im Umgang mit sensiblen Daten
- Erstellung und Pflege von Datenschutzkonzepten und IT-Sicherheitsrichtlinien
- Festlegung von Verantwortlichkeiten (Datenschutzbeauftragter, IT-Sicherheitsbeauftragter)
- Datenschutzfreundliche Systeme:
- Nutzung KBV-zertifizierter Praxissoftware
- Anonymisierung und Pseudonymisierung von Daten, wenn keine direkte Patientenidentifizierung erforderlich ist
- Minimierung der Datenerhebung und -verarbeitung auf das absolut Notwendige
- Umgang mit Datenschutzvorfällen:
- Meldepflicht bei Datenschutzverletzungen innerhalb von 72 Stunden an die zuständige Aufsichtsbehörde
- Dokumentation und Analyse des Vorfalls sowie Maßnahmen zur Schadensbegrenzung
Wichtige gesetzliche Regelungen:
- Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO): Die EU-weit gültige Verordnung regelt den Schutz personenbezogener Daten, einschließlich Gesundheitsdaten, die als besonders schützenswert gelten. Art. 9 DSGVO verbietet grundsätzlich die Verarbeitung von Gesundheitsdaten, es sei denn, eine gesetzliche Erlaubnis oder eine ausdrückliche Einwilligung des Patienten liegt vor.
- Bundesdatenschutzgesetz (BDSG): Ergänzt die DSGVO um nationale Regelungen. Es regelt insbesondere den Umgang mit Gesundheitsdaten durch Krankenhäuser, Ärzte und andere Akteure des Gesundheitswesens.
- Sozialgesetzbuch (SGB V): Spezifische Datenschutzanforderungen im Gesundheitswesen, z. B. im Rahmen der elektronischen Gesundheitskarte (§ 291a SGB V) und der elektronischen Patientenakte (ePA) (§ 341 SGB V).
- Krankenhausgesetze der Länder: Landesrechtliche Vorschriften regeln den Datenschutz in öffentlich-rechtlichen Kliniken zusätzlich.
- Patientenrechtegesetz (§ 630g BGB): Patienten haben das Recht auf Einsicht in ihre Patientenakte. Die Aufbewahrungspflicht medizinischer Unterlagen beträgt in der Regel mindestens 10 Jahre, bei Röntgenaufnahmen bis zu 30 Jahre.
- IT-Sicherheitsgesetz (IT-SiG): Kritische Infrastrukturen im Gesundheitswesen (z. B. Krankenhäuser) müssen besondere Maßnahmen zur IT-Sicherheit treffen, um Cyberangriffe und Datenlecks zu verhindern. Betreiber sind verpflichtet, Sicherheitsvorfälle dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zu melden.
- Telematikinfrastruktur (TI): Mit der Einführung der elektronischen Patientenakte und anderen digitalen Diensten sind strikte Anforderungen an die Datensicherheit verbunden. Gematik als Betreiber der TI stellt sicher, dass sämtliche Verbindungen verschlüsselt sind und Zugriffe nur über autorisierte Karten (z. B. Heilberufsausweis) erfolgen.
Datenschutz und Informationssicherheit sind unerlässlich, um Patienten vor Datenmissbrauch und Cyberangriffen zu schützen. Verstöße gegen Datenschutzvorgaben können nicht nur rechtliche Konsequenzen haben, sondern auch das Vertrauen der Patienten in das Gesundheitswesen erheblich beeinträchtigen. Daher setzen gesetzliche Vorgaben wie die DSGVO und das IT-Sicherheitsgesetz hohe Standards, um personenbezogene Gesundheitsdaten bestmöglich zu sichern.
Ausstattung der medizinischen Einrichtung
Die Praxisausstattung spielt eine zentrale Rolle für die Patientensicherheit. Eine angemessene und normgerechte Ausstattung trägt dazu bei, die Versorgung effizient, sicher und patientenfreundlich zu gestalten. Unter Ausstattung versteht man sowohl die bauliche Infrastruktur als auch die technische und medizintechnische Ausstattung, einschließlich Mobiliar, Geräte, Hygienetechnik und IT-Infrastruktur.
Eine mangelnde Ausstattung kann zu Behandlungsfehlern, Verzögerungen oder hygienischen Mängeln führen. Beispielsweise kann ein defibrillatorfreier Bereich in Notfallsituationen lebensbedrohlich sein, und unzureichende Hygienemaßnahmen können nosokomiale Infektionen begünstigen. Auch die Verfügbarkeit und korrekte Lagerung von Arzneimitteln sind Teil der sicheren Ausstattung.
Wichtige Aspekte der Ausstattung:
- Medizintechnische Geräte:
- Geräte wie Beatmungsgeräte, Überwachungsmonitore, Infusionspumpen und Defibrillatoren müssen den aktuellen Sicherheitsstandards entsprechen und regelmäßig gewartet werden.
- Einweisungen und Schulungen des Personals zur sicheren Anwendung müssen dokumentiert werden.
- Notfallausstattung:
- Notfallkoffer und -wagen mit Defibrillator, Beatmungsbeutel, Notfallmedikamenten und Erste-Hilfe-Materialien müssen jederzeit zugänglich und vollständig ausgestattet sein.
- Regelmäßige Überprüfung der Vollständigkeit und Funktionsfähigkeit.
- Hygienetechnische Ausstattung:
- Ausreichende Anzahl an Waschbecken und Desinfektionsmittelspendern in Patienten- und Behandlungsräumen.
- Hygienisch einwandfreie Lagerung von Instrumenten (z. B. in Sterilisationscontainern).
- Bauliche Maßnahmen zur Trennung von reinen und unreinen Bereichen.
- Bauliche und räumliche Ausstattung:
- Barrierefreie Zugänge, breite Türen und Aufzüge gemäß DIN 18040.
- Klimatisierung und Belüftungssysteme zur Infektionsprävention.
- Raumgestaltung zur Vermeidung von Kreuzkontamination (z. B. separate Wartebereiche für infektiöse Patienten).
- IT- und Kommunikationssysteme:
- Elektronische Patientenakten (ePA) und sichere Netzwerkinfrastruktur zur Datenverarbeitung.
- Telemedizinische Ausstattung, um Patienten ortsunabhängig behandeln zu können.
- Alarmierungssysteme für Notfälle.
- Lagermanagement:
- Medikamente und medizinische Produkte müssen sicher und nach Verfall kontrolliert gelagert werden.
- Automatisierte Bestell- und Lagerverwaltung zur Sicherstellung der Verfügbarkeit.
Wichtige gesetzliche Regelungen:
- Medizinproduktegesetz (MPG) und Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV):
- Regelungen zur Beschaffung, Nutzung und Wartung medizintechnischer Geräte.
- Betreiber müssen sicherstellen, dass Geräte technisch einwandfrei und den gesetzlichen Vorgaben entsprechend eingesetzt werden.
- Krankenhausbauverordnung (je nach Bundesland):
- Vorgaben zu baulichen Anforderungen, Raumgrößen und Hygienestandard.
- Anforderungen an die Sicherheitsausstattung (z. B. Brandschutz, Notfallausgänge).
- Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV):
- Anforderungen an die Arbeitsplatzgestaltung und ergonomische Ausstattung.
- Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung in medizinischen Einrichtungen.
- Hygieneverordnungen der Länder:
- Regeln zur baulichen Hygieneausstattung, z. B. Waschgelegenheiten und Desinfektionsmöglichkeiten.
- SGB V (§ 135a):
- Verpflichtung der Krankenhäuser zur Qualitätssicherung, einschließlich der technischen und räumlichen Ausstattung.
- G-BA Richtlinien:
- Festlegung von Mindestanforderungen an die technische Ausstattung je nach Fachbereich (z. B. für Intensivstationen, OP-Räume).
- Arzneimittelgesetz (AMG):
- Vorschriften zur Lagerung von Medikamenten, insbesondere zur Einhaltung der Kühlkette und Vermeidung von Verfallsrisiken.
- Vorschriften zur Lagerung von Medikamenten, insbesondere zur Einhaltung der Kühlkette und Vermeidung von Verfallsrisiken.
Die angemessene Ausstattung von Gesundheitseinrichtungen ist essenziell für die Sicherheit der Patienten. Gesetzliche Vorgaben und technische Standards schaffen eine verbindliche Grundlage für die Ausstattung, um Behandlungsqualität und Hygiene zu gewährleisten. Regelmäßige Überprüfungen und Anpassungen an den aktuellen Stand der Technik sind notwendig, um die Patientensicherheit langfristig sicherzustellen.
OP-Sicherheit (operative Eingriffe)
Die Operationssicherheit soll sicherstellen, dass chirurgische Eingriffe ohne vermeidbare Zwischenfälle und Verwechslungen verlaufen. Risiken im OP können z. B. Seitenverwechslungen (falsches Bein operiert), falsche Eingriffe oder zurückgebliebene Fremdkörper sein.
Um dies zu verhindern, sind standardisierte Abläufe etabliert: OP-Checklisten nach dem Vorbild der WHO (Surgical Safety Checklist) werden vor, während und nach jeder Operation durchgegangen. Seit einigen Jahren sind alle Krankenhäuser und auch ambulante OP-Einrichtungen in Deutschland verpflichtet, solche Checklisten bei Eingriffen, an denen mehrere Ärzte beteiligt sind oder die unter Anästhesie stattfinden, einzusetzen. Diese Checklisten enthalten Punkte wie die Überprüfung der Patientenidentität, Markierung der Eingriffsstelle am Körper, korrekte Lagerung, Vorliegen von aktueller Bildgebung, Zählen von Instrumenten und Materialien sowie ein finales „Team-Time-Out“ unmittelbar vor Schnittbeginn, bei dem das Team gemeinsam die kritischen Punkte (richtiger Patient, richtiger Eingriff, richtige Seite, nötige Geräte/Implantate vorhanden etc.) bestätigt.
Durch solche strukturierten Kontrollen konnten Fehler im OP deutlich reduziert werden. Gesetzlich verankert ist die OP-Checklisten-Pflicht in der Qualitätsmanagement-Richtlinie des G-BA, die für alle zugelassenen Krankenhäuser und Vertragsärzte bindend ist. Zudem fordert das Haftungsrecht implizit hohe Sorgfalt im OP: Chirurgen müssen nach dem anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft arbeiten – Verstöße (z. B. unzureichende Sicherheitsmaßnahmen) würden als Behandlungsfehler gewertet.
Weitere Initiativen zur OP-Sicherheit betreffen die Sicherheit der Narkose (Anästhesisten überwachen Vitalparameter kontinuierlich mit modernen Monitoren und Notfallplänen) sowie die Hygiene im OP (strikte Sterilitätsregeln zur Vermeidung von Wundinfektionen). Insgesamt wird die operative Sicherheit in Deutschland sowohl durch verpflichtende Checklisten und personelle Mindestanforderungen (z. B. Facharztstandard, Anästhesie-Präsenzpflicht) als auch durch technische Vorkehrungen gewährleistet. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, jedes chirurgische Verfahren so sicher wie möglich für den Patienten zu machen.
Gesundheitspolitik: Ziele und Maßnahmen der Patientensicherheit
Das „Nationales Gesundheitsziel Patientensicherheit“ beschreibt umfassend die Strategien und Maßnahmen zur Verbesserung der Patientensicherheit im deutschen Gesundheitswesen.
Ziel 1: Förderung der Patientensicherheitskultur auf allen Ebenen des Gesundheitswesens
Die Patientensicherheitskultur bildet das Fundament für eine sichere Patientenversorgung und umfasst eine proaktive Fehlervermeidung und den offenen Umgang mit Risiken.
Teilziel 1.1: Patientensicherheitskultur als Fundament
- Führungskräfte leben Vorbildfunktion.
- Fehlerbewältigung und -prävention werden gefördert.
- Offene und sanktionsfreie Kommunikation über Fehler.
- Einrichtungsspezifische Fehleranalyse und Risikomanagement.
- Regelmäßige Evaluation der Sicherheitskultur.
Teilziel 1.2: Einbettung in Gesundheitssystem und Gesellschaft
- Politische Entscheidungsträger berücksichtigen Patientensicherheit.
- Förderung von Arbeitsstrukturen, die Sicherheit begünstigen.
- Verbesserte Kooperation und Integration von Patientenperspektiven.
Teilziel 1.3: Kontinuierliche Weiterentwicklung und Evaluation der Sicherheitskultur
- Nutzung valider Instrumente zur Messung der Sicherheitskultur.
- Transparenz der Ergebnisse und Nutzung für Verbesserungsmaßnahmen.
- Einbeziehung der Patientenperspektive in die Evaluation.
Teilziel 1.4: Lern- und Feedbackkultur verankern
- Entwicklung einer lernenden Organisation.
- Förderung von Feedbackprozessen und Berichts- und Lernsystemen.
- Führungskräfte fördern aktiv den Austausch über Fehler und Risiken.
Teilziel 1.5: Aktive Mitwirkung der Patienten an der Patientensicherheit
- Förderung des Patienteneinbezugs in Sicherheitsprozesse.
- Patienten erhalten Feedback zu ihren Rückmeldungen.
- Sensibilisierung der Patienten für sicherheitsrelevante Themen.
Teilziel 1.6: Kooperation und Kommunikation verbessern
- Förderung interprofessioneller Zusammenarbeit.
- Strukturierte Kommunikation über Schnittstellen hinweg.
- Nutzung von Standards und Checklisten zur Risikoüberwachung.
Ziel 2: Ausbau der Patientensicherheitskompetenz bei allen Beteiligten
Dieses Ziel richtet sich auf die Schulung und Stärkung der Sicherheitskompetenz aller Akteure im Gesundheitswesen.
Teilziel 2.1: Förderung der Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung
- Bereitstellung verständlicher Informationen über Patientensicherheit.
- Berücksichtigung vulnerabler Bevölkerungsgruppen.
Teilziel 2.2: Berücksichtigung unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen
- Informationsmaterialien an spezifische Patientengruppen anpassen.
- Stärkung des Bewusstseins für individuelle Risiken.
Teilziel 2.3: Aktive Einbindung von Patienten und Angehörigen
- Förderung der Patiententeilnahme an Sicherheitsmaßnahmen.
- Unterstützung durch Schulungs- und Informationsangebote.
Teilziel 2.4: Schulung des Gesundheitspersonals
- Integration von Patientensicherheitskompetenz in Aus- und Weiterbildung.
- Förderung interprofessioneller Schulungen.
Teilziel 2.5: Förderung von Rückmeldungen und Beschwerden
- Niedrigschwellige und barrierefreie Meldemöglichkeiten schaffen.
- Systematisches Erfassen und Auswerten von Rückmeldungen.
Teilziel 2.6: Fehler ernst nehmen und daraus lernen
- Kritische Ereignisse systematisch auswerten.
- Fehlerberichte in Verbesserungsprozesse einbinden.
FAQ
Wie kann ich den Stand der Patientensicherheit in meiner Praxis überprüfen?
Der „Mein PraxisCheck Patientensicherheit“ der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) ist ein kostenloses Online-Selbstbewertungstool für niedergelassene Ärzte und sowie Psychotherapeuten. Es dient dazu, die Umsetzung von Patientensicherheitsmaßnahmen in der eigenen Praxis zu überprüfen und Verbesserungspotenziale zu identifizieren.
Wie kann Patientensicherheit systematisch verbessert werden?
Um die Patientensicherheit systematisch zu verbessern, kann man sich an den ganzheitlichen Ansatz der Bundesärztekammer orientieren. Dieser adressiert nicht nur individuelles Fehlverhalten, sondern nimmt vor allem die strukturellen Schwachstellen in den Blick. Fehler entstehen häufig nicht durch einzelne Akteure, sondern durch unzureichende organisatorische Rahmenbedingungen. Deshalb zielt die Verbesserung der Patientensicherheit darauf ab, Prozesse und Strukturen nachhaltig zu optimieren.
Die 4 K’s der Bundesärztekammer:
Kultur stärken: Eine offene Fehlerkultur fördert Transparenz und Lernbereitschaft. Austauschformate wie Morbiditäts- und Mortalitätskonferenzen (M+MK) unterstützen die kontinuierliche Reflexion.
Kompetenz fördern: Fortbildungsprogramme wie das „Fortbildungskonzept Patientensicherheit“ vermitteln aktuelle Sicherheitsstandards und stärken die Handlungskompetenz.
Kontrolle intensivieren: Berichts- und Lernsysteme (z.B. CIRSmedical.de) analysieren Fehler systematisch, während Gutachterkommissionen unabhängige Fallprüfungen durchführen.
Kooperation verbessern: Interdisziplinäre Zusammenarbeit minimiert Risiken, insbesondere bei komplexen Behandlungsprozessen und Arzneimitteltherapien.
Ein wesentlicher Bestandteil dieser Optimierung ist die kontinuierliche Prozessoptimierung und Qualitätsentwicklung. Hierbei spielen verschiedene methodische Ansätze eine zentrale Rolle. Der PDCA-Zyklus (Plan-Do-Check-Act) stellt einen strukturierten Rahmen zur fortlaufenden Verbesserung von Arbeitsprozessen dar. Durch die wiederholte Anwendung der Phasen Planung, Durchführung, Überprüfung und Anpassung können Arbeitsabläufe effizienter und fehlerfreier gestaltet werden. Ergänzend dazu trägt Lean-Management zur Reduktion von Verschwendung und zur effizienten Gestaltung von Prozessen bei, indem unnötige Arbeitsschritte eliminiert werden. Ein weiterer Ansatz zur Qualitätssteigerung ist Six Sigma, das auf einer datengestützten Analyse von Prozessen basiert, um Fehlerquellen systematisch zu identifizieren und zu beseitigen.
Welche Zertifizierungen und Standards tragen zur Patientensicherheit bei?
Die Patientensicherheit in Gesundheitseinrichtungen wird maßgeblich durch die Einhaltung bestimmter Qualitätsstandards und Zertifizierungen gewährleistet.
Zu den international anerkannten Normen gehört die ISO 9001, die als Standard für Qualitätsmanagementsysteme weltweit etabliert ist. Sie dient als Grundlage zur kontinuierlichen Verbesserung von Prozessen und trägt zur Sicherheit der Patienten durch strukturierte Abläufe bei.
Eine speziell auf den Gesundheitssektor zugeschnittene Norm ist die DIN EN 15224. Diese europäische Norm berücksichtigt die besonderen Anforderungen des Qualitätsmanagements im Gesundheitswesen, wie die Risikominimierung und die Verbesserung der Behandlungsqualität.
In Deutschland hat sich die KTQ-Zertifizierung (Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen) als wichtiges Qualitätssiegel etabliert. Sie richtet sich vor allem an Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen und bewertet die Transparenz sowie die Qualität der Versorgung.
International wird das Qualitätssiegel der Joint Commission International (JCI) als Maßstab für die Sicherheits- und Qualitätsstandards in Kliniken angesehen. Diese Zertifizierung prüft insbesondere die Patientenorientierung und die Sicherheit der Versorgung.
Ein weiteres Qualitätsmerkmal im Gesundheitswesen stellt das DEKRA Siegel dar, das die Einhaltung von Sicherheits- und Qualitätskriterien überprüft und damit zur Patientensicherheit beiträgt.
Ergänzend dazu gibt es spezialisierte Zertifizierungen für Fachkräfte, wie den Healthcare Risk Manager oder den Patient Safety Manager, die sich auf das Risikomanagement und die Sicherheit in Gesundheitseinrichtungen fokussieren.
Was sind Qualitätszirkel?
Qualitätszirkel sind moderierte Arbeitsgruppen, in denen sich Vertragsärzte oder Vertragspsychotherapeuten regelmäßig treffen, um gemeinsame Probleme, Qualitätsmängel oder Verbesserungsmöglichkeiten in der Versorgung zu besprechen. Ziel ist es, durch kollegialen Austausch praxisnahe Lösungen zu entwickeln und die Qualität der Patientenversorgung kontinuierlich zu verbessern. Qualitätszirkel fördern die interdisziplinäre Kommunikation, stärken die Teamarbeit und tragen dazu bei, bewährte Praktiken im klinischen Alltag zu etablieren.
Kann Künstliche Intelligenz die Patientensicherheit verbessern?
Künstliche Intelligenz (KI) kann die Patientensicherheit verbessern, indem sie medizinische Fehler reduziert und Diagnosen schneller und präziser stellt. KI-Systeme analysieren große Datenmengen, erkennen verborgene Muster und überwachen Vitalparameter, um kritische Veränderungen frühzeitig zu erkennen.
Ein konkretes Beispiel ist der Einsatz von KI in der Radiologie, wo Algorithmen Bildaufnahmen wie Röntgen- oder MRT-Scans auf Anomalien prüfen und so die Frühdiagnose von Krankheiten wie Tumoren erleichtern. Auch in der Medikation wird KI genutzt, um Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Medikamenten zu erkennen und so Nebenwirkungen zu vermeiden. In der Intensivmedizin kommen KI-basierte Überwachungssysteme zum Einsatz, die kontinuierlich Vitaldaten analysieren und frühzeitig auf Veränderungen hinweisen, wodurch schnelle therapeutische Maßnahmen ermöglicht werden. Die Verlässlichkeit und Transparenz der Algorithmen bleibt jedoch eine Herausforderung.
Was ist das Aktionsbündnis Patientensicherheit?
Das Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) ist eine gemeinnützige Organisation in Deutschland, die sich für die Verbesserung der Patientensicherheit im Gesundheitswesen einsetzt. Es wurde 2005 gegründet und verfolgt das Ziel, durch Aufklärung, Forschung und die Entwicklung praxisnaher Lösungen die Sicherheit von Patienten in medizinischen Einrichtungen zu erhöhen. Das Bündnis arbeitet eng mit Fachgesellschaften, Wissenschaftlern, Gesundheitsdienstleistern und Politik zusammen, um Konzepte zur Fehlervermeidung und Qualitätssteigerung zu entwickeln und umzusetzen. Durch Publikationen, Leitlinien und Schulungen trägt das APS zur Sensibilisierung und Stärkung einer Sicherheitskultur im Gesundheitswesen bei.