Praxiseröffnung & Praxisgründung: Das müssen Sie wissen!
Rückmeldung innerhalb von 24 Stunden
Wir wählen aus +500 Anbietern die besten für Sie aus
Unsere Erfahrung: Vergleichen lohnt sich!
Inhaltsverzeichnis
Was ist eine Praxiseröffnung?
Die Praxiseröffnung beschreibt den gesamten Gründungsprozess einer Arztpraxis von der Planung bis zum Eröffnungstag. In dieser Phase werden jedoch auch Entscheidungen getroffen, die über den Eröffnungstag hinaus wirken: Praxis-Umbau, Modernisierungsmaßnahmen, Versicherungen, Praxisausstattung usw. Alternativ zur Neugründung kann es sich hierbei auch um eine Praxisübernahme handeln. Gegründet werden kann eine Arztpraxis entweder alleine oder gemeinschaftlich mit anderen Ärzten. Der Weg in die zukünftige Niederlassung als Arzt ist in Teilen durch die Gesetzgebung vorgegeben, was vor allem die Praxisform und zukünftige Vertragsärzte betrifft. Im Rahmen der Praxiseröffnung muss sich ein Arzt also auch mit rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Gegebenheiten befassen, wobei die Inanspruchnahme von Hilfe durch einen externen Praxisberater zu empfehlen ist.
Eigene Praxis gründen oder bestehende Praxis übernehmen?
Zusammengefasst eignet sich eine Praxisneugründung für selbstbestimmte Ärzte, die maximalen Gestaltungsspielraum wollen. Dafür hat man ein erhöhtes finanzielles Risiko zu tragen. Die Praxisübernahme eignet sich für eher risikoscheue Ärzte, die Planbarkeit zu Lasten des eigenen Einflusses bei der Gestaltung höher bewerten.
Der Traum zur eigenen Praxis kann auf zwei Wegen erfüllt werden: entweder eine eigene Praxis gründen oder eine bestehende Praxis übernehmen. Eine Praxisneueröffnung bietet den Vorteil, dass Sie viele Dinge (Standortwahl, Praxisbau, Praxisausstattung, Medizingeräte usw.) von Anfang an selbst beeinflussen können. Dies gilt vor allem für einen Praxisneubau. Zwar können Sie auch bei einer Übernahme z. B. die Praxisausstattung nach Ihren Wünschen (teuer) verändern, jedoch müssen Sie zunächst einmal damit arbeiten, was vorhanden ist. Der große Gestaltungsspielraum geht allerdings auch mit einem Mehr an Arbeit und Risiken einher: Wo und wie baue ich die Praxis bzw. welche Räumlichkeiten eignen sich? Finde ich gutes Praxispersonal an diesem Standort? Wie aufwändig wird das Praxismarketing für die Patientengewinnung? Bedenken Sie, dass Sie eine kassenärztliche Zulassung benötigen, wenn Sie in Ihrer zukünftigen Arztpraxis als Vertragsarzt tätig sein wollen. Sie werden aufgrund der Bedarfsplanung Ihre Praxis womöglich nicht an Ihrem Wunschort gründen können. Anders als bei einer Praxisübernahme haben Sie keine Zahlen über Einnahmen und Ausgaben, anhand derer Sie zukünftige Gewinne und Verluste abschätzen können.
Bei einer Praxisübernahme sind Sie eingeschränkter in Ihrer Gestaltungsfreiheit: Sie müssen sich mit dem Standort abfinden und Sie müssen den Bestand inkl. Praxispersonal übernehmen. Gleichzeitig reduziert die Praxisübernahme aber auch das Risiko, denn die zu übernehmenden Mitarbeiter haben bereits einen routinierten Workflow und zudem übernehmen Sie auch den Patientenstamm. Möglicherweise bedeutet das aber auch, dass Sie sich ggf. an das Bedienen der Medizingeräte oder Arztsoftware neu einarbeiten müssen, wenn die Geräte/Software nicht von dem Hersteller stammen, den Sie in der Vergangenheit gewohnt waren. Da Ihnen bei einer Praxisnachfolge die Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) und die Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) der letzten Jahre der zu übernehmenden Arztpraxis vorliegen, können Sie den Kaufpreis gegenprüfen. Zusätzlich gibt ihnen die BWA und EÜR Orientierung bei der Kalkulation des Finanzierungsbedarfs sowie über zukünftig erwartbare Einnahmen und Ausgaben. Ein weiterer Vorteil: Übernehmen Sie eine bestehende Vertragsarztpraxis, dann kaufen Sie den KV-Sitz (Kassensitz) in der Regel gleich mit ein.
Tipp: Wenn Sie sich für eine Praxiseröffnung in Form einer Übernahme interessieren, dann schauen Sie sich auf der Praxisbörse der jeweils zuständigen KV (oder private Anbieter) in Ihrem Wunschort um. Die Praxisbörse fungiert als digitaler Marktplatz und bringt Praxisverkäufer und -käufer zusammen. Der Verkäufer kann seine abzugebende Praxis dort inkl. Standort, Größe der Praxis, Mitarbeiterzahl und vielen weiteren Angaben inserieren. Praxisbörsen sind jedoch in der Regel nicht kostenlos und teilweise wird eine Gebühr von 3 % des Kaufpreises (im Falle einer erfolgreichen Praxisübernahme) erhoben.
Praxisneugründung | Praxisübernahme | ||
Vorteile | Nachteile | Vorteile | Nachteile |
viel Gestaltungsspielraum | mehr Arbeit (z. B. Standortanalyse) und finanzielles Risiko (keine Erfahrungswerte) | bessere Planbarkeit bzw. Risikoabschätzung durch Vorliegen der BWA und EÜR | eingeschränkter Gestaltungsspielraum |
kein bestehender Patientenstamm: selbstständige Patientenakquise oder Beauftragen einer Praxismarketing-Agentur notwendig | KV-Sitz wird bei Übernahme einer Vertragsarztpraxis meist mit übernommen | Praxisbestand muss übernommen werden, auch wenn man persönlich mglw. einen anderen Geschmack hat |
Neben dem materiellen Anlagevermögen ist im Kaufpreis einer Praxisübernahme auch der “Goodwill” (ideeller Praxiswert) enthalten. Der Goodwill bezeichnet die Summe für den immateriellen Wert einer Arztpraxis: Patientenstamm. Reputation der Arztpraxis, Praxislage, Wissensstand der Mitarbeiter, Praxisorganisationsstrukturen. Dies kann Ihnen bei der Praxiseröffnung auch zum Verhängnis werden: Wenn die alte Praxis einen schlechten Ruf unter den Patienten hatte, müssen Sie womöglich mehr Geld in das Praxismarketing investieren, um Patienten zu gewinnen.
Welche Arten von Praxen gibt es?
Bei der Praxisgründung spielt die Wahl der Praxisform sowie Rechtsform eine entscheidende Rolle. Sie gibt den juristischen Rahmen vor und wirkt sich maßgeblich auf den Praxisalltag sowie die Höhe des persönlichen Einbehalts der Gewinne aus. Sie arbeiten gerne alleine und möchten die Praxisorganisation selbstständig bestimmen? In diesem Fall ist eine Einzelpraxis die richtige Praxisform für Sie. Wenn Sie stattdessen lieber mit anderen Ärzten zusammenarbeiten wollen, dann kommt für Sie entweder eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG, Gemeinschaftspraxis) oder eine Praxisgemeinschaft in Frage. Ferner ist auch die Gründung eines MVZ (Medizinisches Versorgungszentrum) möglich.
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hat entschieden, dass zwei Ärzte für ästhetische und plastische Chirurgie ihre Gemeinschaftspraxis als „Zentrum für plastische und ästhetische Chirurgie“ bezeichnen dürfen. Ein anderer Chirurg hatte juristisch gegen diese Bezeichnung vorgegangen, da er der Meinung war, dass ein „Zentrum“ aus mehr als nur zwei Ärzten bestehen und eine gewisse Mindestgröße voraussetzen müsse. Das OLG Frankfurt hat jedoch entschieden, dass der Begriff „Zentrum“ im medizinischen Bereich nicht auf eine besondere Größe hinweist und daher nicht irreführend oder unlauter ist. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass nach den aktuellen gesetzlichen Voraussetzungen ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) keine bestimmte Größe erfordert.
Praxisform | Rechtsform | Vorteile | Nachteile |
Einzelpraxis |
|
|
|
Berufsausübungsgemeinschaft (Gemeinschaftspraxis) |
|
|
|
Praxisgemeinschaft |
|
|
|
Der Trend hin zur Nutzung digitaler Services durch Patienten hat sich aufgrund der Corona-Pandemie beschleunigt und wird sehr wahrscheinlich nachhaltig sein. Sorgen Sie dafür, dass Ihre zukünftige Arztpraxis digital ist. Richten Sie Ihre Praxis patientenorientiert aus und bieten Sie Online-Terminplaner, digitale Anamnese und Co. an.
Was braucht man, um eine eigene Praxis zu eröffnen?
Approbation als Arzt oder Psychotherapeut und ggf. Eintragung ins Arztregister
Mit der Erteilung der Approbation erhalten Sie die staatliche Zulassung, Ihre Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Tierarzt oder Psychotherapeut selbstständig und eigenverantwortlich auszuüben. Ab Erhalt Ihrer Approbationsurkunde sind Sie berechtigt, eine Niederlassung als Privatarzt zu eröffnen, um dort Privatpatienten und Selbstzahler zu behandeln und per Privatliquidation oder Honorarvereinbarung abzurechnen.
Sie möchten als Vertragsarzt tätig sein und auch GKV-Patienten (Gesetzliche Krankenversicherung) abrechnen? In diesem Fall benötigen Sie nicht nur eine Approbation, sondern auch eine Kassenzulassung. Diese können Sie beim örtlichen Zulassungsausschuss der Kassen(zahn-)ärztlichen Vereinigungen und den Landesverbänden der Krankenkassen sowie der Ersatzkasse beantragen. Vor Antragstellung ist sicherzustellen, dass man im Bundesarztregister eingetragen ist. Beispiel: Möchten Sie sich z. B. in das Arztregister der KVN (Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen) eintragen, müssen Sie folgende Urkunden, Bescheinigungen und Zeugnisse vorlegen:
- Geburtsurkunde (bei Namensabweichung ggf. Heiratsurkunde)
- Approbationsurkunde
- Med. Promotionsurkunde
- Anerkennung für bestimmte Facharztbezeichnung(en) sowie alle eventuellen Schwerpunkte und andere Bezeichnungen nach der Weiterbildungsordnung
- Bescheinigungen bzw. Zeugnisse (keine Arbeitsverträge) über die bisherige ärztliche Tätigkeit seit dem Staatsexamen bis zum heutigen Tage
Für die Vertragsarzt-/Vertragspsychotherapeut-Zulassung in Niedersachsen werden darüber hinaus weitere Belege und Angaben gefordert:
- Auszug aus dem Arztregister (Datum der Approbation, Datum Arztregister-Eintragung, Datum der Anerkennung des Rechts zum Führen von Facharzt-, Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnungen)
- Lebenslauf
- Führungszeugnis der Belegart O bzw. erweitertes Führungszeugnis nach § 30a Bundeszentralregistergesetz
- Erklärung über die zum Zeitpunkt der Antragstellung bestehenden Dienst- oder Beschäftigungsverhältnisse (mit Angabe des frühestmöglichen Endes des Beschäftigungsverhältnisses)
- Erklärung darüber, ob eine Drogen- oder Alkoholabhängigkeit besteht oder in den letzten 5 Jahre bestand
Freier Arztsitz ist abhängig von der Bedarfsplanung
Eine Bewerbung um einen Vertragsarztsitz ist noch kein Garant für eine unmittelbare Praxiseröffnung. Damit es keine ambulante Über- oder Fehlversorgung in Deutschland gibt, regeln die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) im Rahmen der Bedarfsplanung, wo sich Ärzte niederlassen dürfen. Wichtig hierbei ist die Unterscheidung zwischen:
- offener Planungsbereich
- keine Wartezeit für eine Kassenzulassung
- Praxiseröffnung, -übernahme oder Einstieg in eine Gemeinschaftspraxis kann unmittelbar erfolgen
- geschlossener Planungsbereich
- nur wenn ein anderer Vertragsarzt oder -psychotherapeut seine Zulassung zurückgibt, wird ein Arztsitz frei
Beabsichtigen Sie eine Praxisübernahme in einem geschlossenen Planungsbereich, dann empfiehlt sich die Beantragung eines Eintrags in die Warteliste des zukünftigen Fachgebietes. Das Datum der Eintragung dient als Nachweis der Wartezeit, die wiederum einen Einfluss auf die Bewerberauswahl hat. Lassen Sie keine Zeit verstreichen!
Tipp: Wenn Ihnen keine Kassenzulassung erteilt wird, z. B. weil die Konkurrenz in Ihrer Wunschstadt zu hoch ist oder schlicht zu wenig Arztsitze frei werden, dann schauen Sie sich nach Alternativen um. Neben der Praxisübernahme oder Privatpraxisgründung kommt für Sie vielleicht auch ein Beschäftigungsverhältnis als angestellter Arzt, Job-Sharing oder eine Teilzulassung (Sonderform der BAG, bei der sich zwei Vertragsärzte eine Zulassung teilen und über eine gemeinsame Betriebsstättennummer abrechnen) in Frage.
BWL-Kenntnisse und Businessplan für den Kredit der Bank
Um eine Praxis zu eröffnen, benötigen Sie Kenntnisse der Betriebswirtschaftslehre (BWL). Elementar ist das ökonomische Wissen für die Praxisfinanzierung und die damit zusammenhängende Aushandlung der Darlehensbedingungen für den Praxiskredit, denn ausreichend privates Startkapital für eine Praxisgründung werden die wenigsten Ärzte besitzen. Für den Erhalt des Kredits müssen Sie der Bank einen Geschäftsplan (Businessplan) vorlegen, aus dem die Risiken und Chancen Ihrer zukünftigen Praxis hervorgehen:
- Geschäftsidee und Geschäftskonzept: Ärztliches Leistungsangebot, Angebot von Vorsorgeuntersuchungen oder individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL), Praxisausstattung, Medizintechnik
- Finanzplan: Gewinn- und Verlustrechnung, Mindestumsatzkalkulation, Kostenplan, Liquiditätsplanung, Kapitalbedarf, Investitionsplanung, Best Case-/Worst Case Szenario
- Geschäftsmodell: Rechtsform, Praxisorganisation, Unternehmensziele/Rentabilitätsvorschau
- Markt und Wettbewerb: Alleinstellungsmerkmale (USP, Unique Selling Proposition), Zielgruppenanalyse, Konkurrenzanalyse, Standortanalyse
- Marketing und Vertrieb: Markteintrittsstrategie, Praxismarketing-Maßnahmen
Lassen Sie sich bei Bedarf von einem erfahrenen Praxisberater bei der Erstellung des Businessplans unterstützen. Weitere Unterstützung beim Kreditantrag bietet die SWOT-Analyse (Strengths (Stärken), Weaknesses (Schwächen), Opportunities (Chancen) und Threats (Risiken). Die SWOT-Analyse beinhaltet eine Situationsanalyse/Positionsanalyse der Arztpraxis, die hilfreich für die strategische Ausrichtung für ebenjene ist.
Natürlich ist betriebswirtschaftliches Handeln auch nach der Praxiseröffnung gefragt. Das “Controlling” umfasst die Planung, Koordination und Kontrolle der Arztpraxis und liegt in Ihrem Verantwortungsbereich. Nicht nur die bloße Analyse von Kennzahlen und Statistiken ist von Wichtigkeit, sondern auch andere Aufgaben wie Praxisführung (Hygieneplan, Qualitätsmanagement, Terminmanagement, Datenschutz, Praxisoptimierung usw.) oder Personalführung.
Wen muss ich über die Praxisgründung informieren?
Die Praxisgründung muss bei den relevanten Institutionen, Ämtern und Kammern angezeigt bzw. angemeldet werden. Folgenden Stellen müssen über Folgendes informiert werden:
- Ärztekammer
- Allgemeine Daten über die neue Arztpraxis (Adresse, Sprechstundenzeiten
- Gebietsbezeichnung der ärztlichen Tätigkeit
- Approbationsurkunde
- ggf. Nachweis der Vertragsarztzulassung
- Wohnsitzbescheinigung
- Gesundheitsamt, Versorgungswerk und Gewerbeaufsichtsamt
- formlose Mitteilung inkl. Beilegung einer Kopie des Schreibens an die Ärztekammer
- TÜV
- formlose Mitteilung inkl. Beilegung einer Kopie des Schreibens an die Ärztekammer
- relevant z. B. für die Sachverständigenprüfung einer Röntgenanlage
- Arbeitsamt
- Betriebsnummernstelle beantragen
- Krankenkasse, Berufsgenossenschaft und Bundesknappschaft
- Praxispersonal bei der GKV anmelden
- Medizinische Fachangestellte (MFA) bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) anmelden
- geringfügig Beschäftigte bei Bundesknappschaft anmelden
- Finanzamt
- Anmeldung übernimmt Ihr Steuerberater
- Gewerbeamt
- Anmeldung notwendig, wenn man als Arzt auch kaufmännisch tätig ist (z. B. über den Verkauf von Nahrungsergänzungsmitteln) bzw. als Gewerbetreibender eingestuft wird
- Eintragung ins Handelsregister
- notwendig, wenn Sie Ihre Praxis als Kapitalgesellschaft in Form einer UG (haftungsbeschränkt) oder GmbH gründen
- ein Notar muss für die UG- oder GmbH-Praxisgründung hinzugezogen werden
Die Mitgliedschaft in einem (oder mehreren) der zahlreichen Ärzteverbände oder Vereinigungen ist zwar freiwillig, kann jedoch trotzdem nützlich für Sie sein. Diese vertreten Ihre Interessen und verschaffen Ihren Wünschen/Sorgen in Form eines Zusammenschlusses größeres Gehör in Politik und Gesellschaft. Zu nennen ist hier z. B. der Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes e. V. (BVÖGD) oder die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM).
Wie viel kostet es eine Praxis zu gründen?
In der begehrten Großstadt kostet eine Praxisübernahme einer hausärztlichen Einzelpraxis im Durchschnitt 117.600 €. Auf dem Land liegt der Kaufpreis mit ca. 48.000 € rund 70.000 € niedriger. Berechnet man die Kosten für Modernisierungsmaßnahmen und Ausstattung hinzu, dann lagen die Gesamtinvestitionen im Jahr 2019/2020 sogar bei 169.300 € pro Hausarztpraxis (2017/2018: 146.400 €). Verteuert haben sich im Zeitverlauf sowohl der Übernahmepreis (103.800 €) als auch die weiteren Investitionen (65.500 €). Diese Kosten sind für die meisten Praxisgründer relevant, denn in 94 % aller Fälle erfolgt die ärztliche Niederlassung durch eine Übernahme und nicht durch eine Neugründung. Diese Angaben basieren auf der Analyse zu ärztlichen Existenzgründungen 2019/2020 von apoBank und Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung, in der 3.100 Existenzgründungen ausgewertet wurden.
Gründe für die hohe Beliebtheit einer Praxiseröffnung in der Stadt sieht der Bereichsleiter Gesundheitsmärkte und -politik bei der apoBank Daniel Zehnich in der mangelhaften ländlichen Infrastruktur, die viele Ärzte abschreckt – Und das, obwohl die Praxisüberschüsse auf dem Land teils höher sind als in der Stadt. Aufgrund der Unterversorgung im ländlichen Raum gibt es dort jedoch mehr Neugründungen als in der Stadt. Die Kosten für eine Praxisneugründung liegen bei 205.000 €.
Die Kosten für den Eintritt in eine BAG kostete Hausärzte im Jahr 2019/2020 rund 143.000 € inklusive Ausgaben für Praxisumbauten und Modernisierung. Die Komplettübernahme einer BAG durch mehrere Hausärzte kostete mit 144.000 € nur unwesentlich mehr.
Vergleicht man die Kosten für eine Praxiseröffnung auf Basis der Fachrichtung, dann zeigen sich große Unterschiede. Gründe für die Preisunterschiede liegen in dem jeweiligen Bedarf nach (teuren) Medizingeräten: Ein Psychotherapeut benötigt z. B. kein teures Gynäkologie-Ultraschallgerät, der Frauenarzt hingegen schon. Weitere Gründe sind in der Lage, der Patientenstruktur sowie dem Entwicklungspotenzial des Standortes zu finden.
- Hausärzte: 170.000 €
- Frauenärzte: über 300.000 €
- Orthopäden: über 400.000 €
- Psychotherapeuten: 50.000 €
Im Vergleich dazu erscheinen die Kosten für eine Vertragsarztzulassung fast vernachlässigbar. Hier liegen die Kosten am Beispiel Niedersachsen bei 500 € (100 € für den Antrag + 400 € Bestandskraftgebühr).
Der Kaufpreis einer Arztpraxis ist ein Stück weit Verhandlungssache. Orientierung liefert die Praxiswertermittlung. Mit diesem Verfahren wird der Wert einer Praxis objektiv von einem Gutachter bewertet.
Kosten einer Zahnarztpraxis-Eröffnung
Die Existenzgründung kam Zahnärzte im Jahr 2016 wesentlich teurer zu stehen, so eine Analyse der apoBank aus dem Jahr 2018, in der 400 zahnärztlichen
Existenzgründungen untersucht worden sind:
- Neugründung Zahnarzt-Einzelpraxis Neugründung: 470.000 € (Jahr 2016)
- Übernahme Zahnarztpraxis-Einzelpraxis: 284.000 € (161.000 € Übernahmepreis)
- Neugründung Zahnarzt-BAG: 302.000 €
- Übernahme Zahnarzt-BAG: 276.000 € (162.000 € Übernahmepreis)
- Eintritt in eine Zahnarzt-BAG: 209.000 € (180.000 € Übernahmepreis)
- Im Süden und Westen ist die Zahnarztpraxisübernahme teurer, als im Osten Deutschlands
- In der Kleinstadt sind die Übernahmepreise am teuersten
Wie finanziert man die Praxiseröffnung?
Im Normalfall wird eine Praxiseröffnung nur mittels Praxisfinanzierung möglich, denn die hohen Investitionskosten können nur die wenigsten Ärzte aus eigener Tasche bezahlen. Das Darlehen des Kreditgebers (Bank) erhält man jedoch nur, wenn ein stimmiger Finanzierungsplan vorgelegt wird.
Ein zentraler Faktor des Kreditvertrags ist der vereinbarte Kreditzins. Der Zins ist eine Gebühr, die Sie aufgrund des gewährten Kredits an den Kreditgeber zu entrichten haben. Je niedriger der vereinbarte Zins, desto günstiger bekommen Sie das Geld von der Bank. Allerdings ist in Folge der aktuellen schlechten wirtschaftlichen Lage und der steigenden Verbraucherpreise in Deutschland (Inflation, Krieg in der Ukraine, Energiekrise, Corona-Pandemie) der von der Europäischen Zentralbank (EZB) festgelegte Leitzins im Juli 2022 zum ersten Mal seit 11 Jahren erhöht worden. Am Leitzins orientiert sich auch der Zinssatz, den Sie an die Bank für den Kredit Ihrer Praxisgründung bezahlen müssen. Das heißt, dass Sie den Kredit für eine Praxiseröffnung vor Juni 2022 günstiger bekommen hätten.
Kreditzinsen sind steuerlich absetzbar. Dies gilt allerdings nur dann, wenn der Kredit aufgenommen wurde, um Einkünfte zu erzielen.
Fördermöglichkeiten und Unterstützung bei der Praxisgründung
Auf dem Weg zur Praxiseröffnung können Sie sich finanziell unterstützen lassen. Beantragen Sie Fördermittel, um zinsgünstige Darlehen, Zuschüsse oder Bürgschaften zu erhalten. Wichtig ist, dass Sie den Antrag auf Förderung vor der Umsetzung beantragen, sonst verwirken Sie Ihren Anspruch. Projektträger der Förderprogramme sind z. B. Landesförderbanken, die KfW-Bank, der Bund, die Bundesländer, die KVen oder die Europäische Union.
- ERP (European Recovery Program)
- ERP-Gründerkredit – StartGeld
- ERP-Kapital für Gründung
- ERP-Förderkredit KMU
- Überblick über Förderprogramme des Bundes, der Länder und der Europäischen Union
- KfW-Energieeffizienzprogramm
- Beratungsförderung
- Förderung unternehmerischen Know-hows durch die BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle)
- Vorgründungsberatung: individuelle Ausgestaltung je nach Bundesland. Einen Überblick über die einzelnen Bundesländer finden Sie auf deutschland-startet.de.
- Gründungszuschuss der Agentur für Arbeit
- Mikrokreditfonds Deutschland
- Mikromezzaninfonds Deutschland
- Hausärzte-Förderung/Hausarztstipendium
- bitte informieren Sie sich hierzu auf der Website der jeweils zuständigen KV
Versicherungen
Eine Praxiseröffnung ist ein risikoreiches Projekt, welches durch Versicherungen abgesichert werden sollte und teilweise sogar muss. Neben der eigennützigen Absicherung müssen Sie als Praxisgründer auch an Ihre Mitarbeiter denken. Darunter fällt z. B. auch die Gefährdungsbeurteilung, die sowohl Ihre Mitarbeiter als auch Ihre Patienten schützen soll.
- Berufshaftpflichtversicherung/Arzthaftpflichtversicherung
- müssen Vertragsärzte gemäß § 95e SGB V abschließen
- Versicherung im Rahmen der ärztlichen Tätigkeit gegen Personenschaden und Sachschaden
- Praxisinhaltsversicherung
- ähnelt einer Hausratversicherung
- Absicherung gegen finanzielle Konsequenzen von Sachschäden
- Feuer, Einbruchdiebstahl/Vandalismus, Leitungswasser, Sturm und Hagel
- Praxisausfallversicherung
- greift bei Krankheit, Urlaub oder behördlich angeordneter Quarantäne
- Versicherung zahlt Ihre Personalkosten, Praxiskosten, Finanzierungskosten, Steuern/Abgaben und Abschreibungen auf Sachanlagen
- private Krankentagegeldversicherung
- Ausgleichszahlung für fehlendes Einkommen im Krankheitsfall
- Rechtsschutzversicherung
- finanzielle Absicherung bei Rechtsstreitigkeiten mit Krankenkasse, Vermieter, Mitarbeiter, Patient, Medizingerätehersteller etc.
- Cyberversicherung
- finanzielle Absicherung bei Hackerangriffen
- Eigenschäden (Kosten für Datenwiederherstellung, entgangene Tagesumsätze, Lösegeld bei Erpressung durch Hacker)
- Drittschäden: Kosten für IT-Forensiker, Anwälte, Berater, PR-Manager und sonstige Experten
- finanzielle Absicherung bei Hackerangriffen
Checkliste zur Praxisgründung
- Informierung über Grundlegendes.
- Welche Praxisform ist die richtige für mich?
- Welche Rechtsform ist die richtige für mich?
- Möchte ich als Vertragsarzt tätig sein?
- Wie funktioniert die Abrechnung nach EBM und GOÄ?
- Fördermittel vor Beginn des Vorhabens Praxisgründung beantragen.
- Bei Wunsch nach Tätigkeit als Vertragsarzt: In Arztregister eintragen und Kassenzulassung beantragen.
- Bei Wunsch nach einer Praxisübernahme so früh wie möglich in die Warteliste eintragen.
- Businessplan sorgfältig ausarbeiten und der Bank vorlegen, um Kredit zu erhalten.
- Versicherungen abschließen
FAQ
Kann man ohne Doktortitel eine Praxis eröffnen?
Ja, auch ein Arzt ohne Doktortitel kann eine Praxis eröffnen. Lediglich die Erteilung der Approbation gemäß der Approbationsordnung wird vorausgesetzt. Die Approbationsurkunde erhält man von der zuständigen Behörde des Bundeslandes, wenn das Studium der Medizin bzw. alle drei ärztlichen Prüfungen erfolgreich absolviert worden sind.
Wie lange darf ein selbstständiger Arzt praktizieren?
Laut Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) darf ein Vertragsarzt seit 01.01.2009 auch dann noch praktizieren, wenn er älter als 68 Jahre ist. Eine Altersgrenze gibt es demnach nicht.
Wie viel kann ich mit einer eigenen Praxis verdienen?
Die durchschnittlichen Einnahmen pro Arztpraxis über alle Fachbereiche hinweg lagen im Jahr 2019 bei 602.000 €. Der Reinertrag lag bei 296.000 € bzw. 317.000 € exklusive der Praxisformen BAG und MVZ. Mit einer eigenen Praxis lässt sich deutlich mehr Geld verdienen, als das Arztgehalt eines Angestellten.